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Jelagin, Iwan Perfiljewitsch. In: Friedrich Otto: Lehrbuch der Russischen Literatur. Leipzig/Riga: Eduard Frantzen 1837. S. 175-177.

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Jelagin – Iwan Perfiljewitsch – Wirkl. Geh. Rath, Senator und Ritter, Oberhofmeister und Oberdirektor der Hofkapelle und des Theaters, Mitglied mehrerer gelehrter Gesellschaften, wurde 1728 geboren, und erhielt seine Bildung im Land-Kadettenkorps. Er machte sich besonders durch Uebersetzungen berühmt, die zu sei- <Seite 176:> ner Zeit für ein Muster des Styls gehalten wurden. Von diesen sind bekannt: 1) Der Freigeist, Trauerspiel, nach dem Deutschen des Brawe (St. Petersburg 1771). 2) Begebenheiten der Markise G., oder Lebensbeschreibung eines Edelmannes, der der Welt entsagt hat; 4 Thle. (1ste Ausg. St. Petersb. 1756). 3) Der Menschenfeind (Moskwa 1788). Aber das bekannteste von seinen Werken ist 4) Versuch einer Geschichte von Russland (gedr. Moskwa 1803), der von ihm 1790 angefangen, aber nur bis zum Jahre 1389, d. i. bis zum Tode des Grossfürsten Dimitrj Johannowitsch Donskoj, geführt wurde. Dieser Versuch enthält im Manuskripte 5 Theile oder 15 Bücher. Der 1ste Theil desselben umfasst die russ. Geschichte bis zum Tode Wladimir's Swätoslawitsch (gedr. Moskwa 1803). Dieses Werk stand in grossem Ansehen, so lange es nicht gedruckt war; allein nach der Herausgabe desselben wurde die günstige Meinung des Publikums sehr herabgestimmt. Der Verfasser hatte sich im Ganzen an Tatischtscheff, an die untergeschobene Joakim'sche Chronik und an mehrere andere nicht glaubwürdige Werke gehalten. So gab er selbst unwahrscheinliche Erklärungen, behauptete, dass die Slawen die Gegend von Troja bis zur Erbauung desselben bewohnten, und, indem er mehrere Schriftsteller der Partheilichkeit und Unwahrheit anklagte, machte er sich selbst dieses Fehlers schuldig. Der Styl dieses Werkes ist im Ganzen genommen zu schwülstig, und für Geschichte zu rednerisch, auch nicht überall richtig; übrigens muss man bemerken, dass dieses Buch nach einer fehlerhaften Abschrift gedruckt wurde *). Seine Übersetzungen haben das Eigenthümliche, dass in ihnen zwar reine, aber zu sehr mit slawischen Wör- <Seite 177:> tern vermischte Sprache, eine schwerfällige Construction herrscht, und viele Ausdrücke in unpassenden und falschen Bedeutungen vorkommen. Das Publikum las sie jedoch mit Vergnügen, fühlte aber, dass in ihnen noch keine musterhafte Prosa vorherrsche; gegenwärtig haben sie nur noch das Verdienst, den Standpunkt zu zeigen, welchen die russ. Prosa in den 70er Jahren einnahm. Jelagin starb den 22. Sept. 1796.


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*) Ausführliche Notizen hierüber befinden sich in Richter's Russ. Miscellen, No. VI., pag. 184 u. f.

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