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Joachim Wilhelm von Brawe [Todesanzeige und biographischer Abriss]. In: Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste. Dritten Bandes zweytes Stück. Leipzig: Dyck 1758. S. 402-404.

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Dreßden. Eben da wir uns noch mit den melancholischen Gedanken beschäfftigen, welche der vorige Artikel bey uns erneuert, erhalten wir eine Nachricht, welche unsere Betrübniß ungemein vermehren muß. Ein Freund lehret uns den Verfasser des Trauerspiels, der Freygeist, in der Person des Herrn von Brawe kennen, meldet uns aber zugleich, daß auch dieser hoffnungsvolle Jüngling gestorben sey. Wir können nicht anders, indem wir ihn bedauern, als auch das Schicksal der deutschen tragischen Muse bedauern, über die ein ganz besonderes Unglück zu walten scheinet. Wir <Seite 403:> entledigen un[s] einer betrübten Pflicht, da wir die folgende uns mitgetheilte Nachricht bekannt machen:

Joachim Wilhelm von Brawe ward den 4ten Februar 1738 zu Weißenfels gebohren. Sein Herr Vater ist der Hr. geheime Kammerrath von Brawe, und seine Frau Mutter eine gebohrne Fräulein von Heßberg. Er hatte bereits seit einiger Zeit in Leipzig den Studien obgelegen, als er auf sein sehnliches Verlangen die Erlaubniß erhielt, seinen Herrn Vater zu besuchen; nach der Messe wollte er wieder nach Leipzig abgehen, um auf Michaelis dieses Jahrs seine Studien vollends zu beschließen, alsdenn aber die ihm von Sr. Königl. Maj. von Polen ertheilte Stelle eines Regierungsraths in der Stiftsregierung zu Merseburg wirklich anzutreten. Er langte hier den 31 März gesund an, blieb die beyde folgende Tage vollkommen wohl, und klagte über nichts. In der Nacht auf den dritten April bekam er heftiges Kopfweh und Hitze. Man besorgte die Kinderblattern, die er noch nicht ausgestanden hatte. Diese äußerten sich nicht, aber eine desto größere Hitze, die zwar, ohne Raserey zu verursachen, dennoch machte, daß der Kranke fast alle Kenntniß verlohr, bis am 7 April früh um 3 Uhr dessen seliges Ende erfolgte. Sein unermüdeter Fleiß, sein Trieb zur Tugend, konnten die größte Hoffnung von ihm geben; wenn er durch sein Trauerspiel nicht auch Proben eines schönen Geistes gegeben hätte. Er hat ein ausgearbeitetes Trauerspiel Brutus hinterlassen. Seine Freunde werden ihn nie <Seite 404:> vergessen, und wenn man seinen Freygeist betrachtet, ein Stück, das er in einem Alter von achtzehen Jahren verfertiget hat, so muß man die deutsche Schaubühne beklagen, welcher dieses aufblühende Genie so früh entrissen worden.


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