Schmid, Christian Heinrich: Joachim Wilhelm von Brawe. In: Biographie der Dichter. Erster Theil. Leipzig: Dyck 1769. S. 132-153.
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III.
Joachim Wilhelm von Brawe.
Man würde mir es nicht verzeihen, wenn ich zwey Jünglinge nicht neben einander stellte, die Natur und Zeit zu Nebenbuhlern bestimmten. Brawens Laufbahn war noch kürzer, als die Cronegkische, aber um desto merkwürdiger. Acht Jahr jünger, als Cronegk, eben so gelehrt als er, glücklicher in der Erfindung, feuriger im Ausdruck machte er ungleich größere Hoffnung, die uns sein frühzeitiger Tod eben so plötzlich raubte.
Er ward zu Weissenfels 1738 geboren. Sein Vater war geheimer Kammerrath anfangs am Weissenfelsischen und nachher am Chursächsischen Hofe. Auf der Fürstenschule Schulpforte gewann er die Liebe zu der Gelehrsamkeit, die ihn auch auf der Universität begeisterte. Er versäumte keine Gelegenheiten sich eine Menge nützlicher Kenntnisse zu erwerben, und man konnte ihn unter die frühzeitigen Gelehrten rechnen. Die Alten liebte er mit einem ausserordentlichen Enthusiasmus, und las z.E. den Homer siebzehnmal hinter einander, in der Uebersetzung, weil er der griechischen Sprache nicht mächtig war. Seine Einsichten, seine Lebhaftigkeit, sein angenehmer Umgang und seine guten Sitten erwar-
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ben ihm, als er in Leipzig studierte, die Freundschaft derer Herren Leßing, Kleist, Weiße, und Gellert, die seine natürliche Lust zur Bühne zu bestärken suchten. Weiße bewegte ihn auch endlich, mit um den auf das beste Trauerspiel ausgesetzten Preiß zu streiten. Hätte er den Brutus eingeschickt, so wäre Kodrus, mit dem er nur die Moral gemein hat, durch schönre Situationen übertroffen, und durch die glänzendere Poesie des Stils verdunkelt worden, das sanftere Genie wär vor dem feurigern verschwunden. Aber Brawe mußte Cronegken nachstehn, weil Kodrus vor dem Freygeist wenigstens die glücklichen Verse voraus hatte. Daß er den Freygeist zu einem tragischen Sujet wählte, geschah aus eifriger Liebe für die Religion, die ihn sogar antrieb, seinem Freund Kleisten so oft er nur konnte, das Gewissen zu rühren. Die tragischen Folgen der Verachtung gegen die Religion, die so oft auch schon in diesem Leben in den Abgrund führen, waren noch von keinem Dichter in einem Trauerspiel gezeigt worden. Leßings Freygeist wird nur beschämt, der Brawische wird auch nach Verdienst bestraft. Der Freygeist, wenn er die Hauptperson einer Tragödie werden sollte, muste mehr ein Unglücklicher, als ein Bösewicht seyn. Dieß ist der Brawische, ein Ungeheuer, das er für seinen Freund hält, mißgönnt ihm alle Vorzüge, die er vor ihm hat, und selbst den grösten, die Rechtschaffenheit. Hierzu kömmt, daß Klerdon, so heißt der Unglückliche, und Henley, so heißt der Bösewicht, Nebenbuhler werden, und daß Clerdon siegt. Henleys Rache ist die grausamste, er raubet seinem
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Feinde nach und nach die Tugend, er verführt ihn, seinen Vater in die schmählichste Dürftigkeit zu setzen, er entzweyt ihn mit seinem besten Freund, seinem Schwager Granville, und mit seiner Frau Amalia. Als ein erklärter Bösewicht flüchtet endlich Klerdon an einen unbekannten Ort, und überläßt sich seiner Schwermuth. Granville kommt mit Amalien seinen Freund zu retten. Er bringt ihm die Nachricht von dem Tod seines Vaters. Klerdon wird gerührt, aber Henley vernichtet gar bald den guten Eindruck wieder, den Granvillens Erzählung gemacht hatte. Granville dringt aufs neue in ihn, Henley beruhigt ihn aufs neue. Und nun verhetzt er ihn selbst gegen Granvillen. Auch der Augenblick, da Klerdon seine Amalie wiedersieht, wird dadurch verbittert. Klerdon wird so weit gebracht, Granvillen zu ermorden. (Brawe hätte kein Bedenken tragen sollen, diese Scene aufs Theater zu bringen. Dadurch hätte er die Unschicklichkeit vermeiden können, den sterbenden Granville aufs Theater führen, und so lange reden zu lassen.) Klerdon wird von Gewissensbissen gemartert. Er entdeckt es Amalien selbst, daß er der Mörder ihres Bruders ist. Er declamirt eine Menge Scenen hindurch, und ist zweifelhaft, ob er sich selbst erstechen will, bis Henley triumphirend kömmt, erst ersticht er ihn, dann sich selbst. Dieser Plan hat einige Aehnlichkeit mit dem Plan von Youngs Rache. Henley ist hier, was dort Zanga, Klerdon Don Alonzo, und Granville Don Carlos. Henley ist weniger beleidigt als Zanga, seine Eifer-
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sucht ist, wenigstens im ersten Ursprung, edler, seine Rache grausamer und gewiß zu grausam. Henley ist überhaupt ein zu schwarzer Charakter, er lechzt nach Rache, nicht allein der Körper, sondern auch die Seele seines Feindes soll ein Opfer seiner Rache werden, er will ihn ewig unglücklich machen. Und eben daher entsteht ein Widerspruch in seinem Charakter, er ist ein Verächter der Religion, und hält es doch für die größte Rache, die er an seinem Feinde ausüben kann, wenn er ihn der ewigen Glückseeligkeit beraubt. "Ich will meinen Beleidiger", sagt er, (S. 127) "wo es möglich ist, noch bis über die Pforten des Grabes verfolgen, und mich an der stolzen Vorstellung ergötzen, ihm selbst jenes Glück vernichtet zu haben, das sonst über alle sterbliche Gewalt erhaben ist." Mit Recht sagen daher die Verfasser der Bibliothek: "Henley wird als der verworfenste Lasterhafte vorgestellt, dennoch aber hielt er es für die allerentsetzlichste Rache, seinen Feind lasterhaft zu machen, und wer dieses glaubt, hat eine sehr große Anlage zur Tugend. Man kann jemanden verführen, um sich die Ausschweifungen desselben zu Nutze zu machen, um nicht ohne Gesellschaft lasterhaft zu seyn, u.d.gl. Aber seinen Feind aus Rache sich selbst ähnlich zu machen, ist ausschweifend und mehr als übertrieben." Noch übertriebner wäre es, wenn man sich denken wollte, er sey selbst erst Freygeist geworden, um sich rächen zu können. Sein Herz ist ein wahres Räthsel. Wie kann ein Freygeist glauben, die Religion sey mächtig genug, uns vor Lastern zu schützen?
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(S. 116.) Er sagt, alles wozu er den Klerdon, verführt, nenne der Pöbel nur Frevel. (S. 118.) Und kurz vorher hatte er gesagt: Ich beschloß ihn zum Lasterhaften, zum Frevler, zum Ungeheuer zu erniedrigen. (S. 118.) Aber er gesteht es auch einmal selbst, daß keine rechte Harmonie zwischen seinen Handlungen und seinen Gesinnungen ist. "Wundre dich nicht", sagt er zu seinem Diener, "rede ich gleich die Sprache des Freygeists, so fällt mir es doch schwer so zu denken. Wie sehr wünschte ich das Gegentheil. Vielleicht würde ich selbst ein eifriger Verehrer der Religion seyn, besäße ich nicht das, was große Geister Ehre, der gemeine Haufe Rachgier nennt. Die Religion verbeut es, ich kann sie nicht lieben. Die Leidenschaft ist mir so theuer geworden, und hat sich meine ganze Seele unterwürfig gemacht, daß ich eines Feindes Verderben selbst mit meinem eignen erkaufen wollte." Die Natur der Rache bringt es mit sich, daß wir das Verderben unsers Feindes selbst mit unserm eignen erkaufen, aber gewiß nicht, daß wir es einsehn, wie wir zugleich selbst ins Verderben rennen. Vermuthlich glaubte Brawe den Charakter dadurch heroischer und tragischer zu machen. Eben dieß glaubte Young, als er aus dem natürlichen Jago des Shakspear den unnatürlichen Zanga machte. "Zanga", sagt der Herr von Gerstenberg, (Briefe über Merkw. d. Litteratur II. Samml. S. 228.) "ist ein Nichtswürdiger, der zu seinen Niederträchtigkeiten hohe Bewegungsgründe anzugeben weiß, ein Bösewicht, der sich zu
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der allerunedelsten Art der Rache herabläßt, und zugleich, was Youngs Helden alle sind, ein Mann von erhabner Denkungsart ist." Daher läßt Young den Zanga, eben so widersprechend, als Brawe den Henley, zu sich selbst sagen: "Wohin meine Seele, wohin bist du gesunken, tief unter deine Sphäre hinab? Ehedem weit, weit über solche kleine Ränke, Verstellungen, Betrügereyen, über den Abschaum der Schelmerey erhaben, der allein für feige und arme Elende gehört, denen es am Brode gebricht." Ein eben so seltsamer Character ist Henley. Und doch ist er, wie die Verfasser der Bibliothek bemerken, oft nicht richtig beobachtet worden. "Wie ist es möglich", fragen sie, "daß Henley, der den Klerdon durch Zerstreuungen von der Besserung, als einer Folge seiner Schwermuth, abzuhalten sucht, ihn doch allein in den Garten gehen heißt, wo er nothwendig seiner Schwermuth noch mehr nachhängen muste, wo er, was noch mehr ist, Granvillen und Amalien begegnen konnte, die in eben demselben Hause wohnen? Wie ist es zu entschuldigen, daß Henley den Clerdon bey dem verwundeten Granville allein läßt, da er doch die Folgen dieser Unterredung wissen sollte? Würde ein so spitzfindiger Rachgieriger, als Henley, wohl einen solchen Fehler begangen haben? Ueberhaupt läßt der Verfasser, wenn er sich aus einer Situation nicht zu helfen weiß, oft eine Person abgehn, die die gröste Ursache hätte, da zu bleiben, oder eine kommen, ohne daß wir wissen warum." Klerdon ist im Contrast mit Henley eine allzuschwache
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Seele, oft verachtet man ihn mehr als daß man ihn bedauert. Sein aufwachendes Gewissen kann eine einzige Spötterey des Henley zum Stillschweigen bringen. Im Vorbeygehn streut es einmal Henley ein, daß der Ehrgeiz Klerdons Hauptleidenschaft sey, aber weder diese, noch seine Liebe zu Amalien ist sehr in Handlung gesetzt. Er ist, wie die Helden in Youngs Rache, fast nichts als Maschine, mit der Henley macht, was er will. Wenn der Titel des Trauerspiels von der Hauptperson entlehnt ist, so muß man nicht Klerdon, sondern Henley für die Hauptperson halten. "Auf sein ganzes Betragen", erinnern die Verfasser der Bibliothek, "hat der Charakter eines Freygeistes sehr wenig Einfluß. Wer die Empfindungen von Religion unterdrückt, kann nach und nach in die schändlichsten Vergehungen verfallen; aber die Freygeisterey, wozu Henley den Klerdon verführt hat, ist nicht allein ganz außer der Handlung, sondern es fließen auch offenbar alle Handlungen des Klerdon aus Leidenschaften, die auch wohl einen Menschen überwältigen können, der sonst der größte Verehrer der Religion ist. Daher kann man alle Stellen, welche die Freygeisterey angehn, aus dem Stücke wegnehmen, ohne der Handlung zu schaden. Sonst ist Klerdon ein sehr guter tragischer Charakter, die Mischung von Tugenden und von Fehlern macht ihn uns interessant. Aber nicht immer ist sein Charakter richtig beobachtet worden. Es ist z.E. nicht zu begreifen, wenn er, nachdem er schon angefangen hat in Vorwürfen auszubrechen, nicht vollends seinen Argwohn,
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den er so gewiß gegründet glaubt, entdeckt, und seinen falschen Freund zu beschämen sucht. Ein andermal läßt er ihn wirklich beleidigende Vorwürfe vom Granville viel zu gelassen anhören." Granville soll mit den beyden Freygeistern kontrastiren, und ist deswegen zu einem höchst vollkommnen Charakter gemacht. Im dritten Aufzuge fängt er erst an, interessant zu werden. Aber auch dieser Charakter ist nicht immer richtig gezeichnet. Der sanftmüthige, der weise Granville glaubt (S. 154) Klerdon dadurch zu bessern, daß er die Freygeister eine Rotte verwegner Bösewichter nennet, die in Ansehung ihres Herzens der schimpflichsten Ausdrücke würdig wären. "Klerdon antwortet mit Recht: Heftige Ausdrücke beleidigen, aber beweisen nicht." Und wenn er nun eine Predigt aus der Polemick anhebt, ist das ein vernünftiges Mittel, Klerdonen zu bessern? "Die ganze folgende Rede", sagen die Verfasser der Bibliothek, "schickt sich eher für einen Prediger, der einen hartnäckigen Sünder bestraft, aber nicht für einen Freund, der einen Freygeist, und zwar in der delikatesten Situation auf andere Gedanken bringen will. Brawe hätte sich an Lessings Theophan ein Beyspiel nehmen sollen." So hätte Granville, wie Henley Klerdons Ehrgeiz zu nutzen gesucht, und Klerdonen dadurch noch zweifelhafter gemacht. Anstatt ein überlästiger Prediger zu seyn, hätte er ihn vielmehr unvermerkt beschämt. Er hätte auch deswegen weniger polemisch seyn sollen, weil Klerdon sich von dem stolzen Bekenntnisse
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einer natürlichen Religion, von dem verächtlichen Gespinnste, das die Freygeister System nennen, wenig merken läßt, und ihn die Leser als einen Freygeist aus Grundsätzen gar nicht kennen lernen. Amalia ist eine sehr müßige Person, die nur um einer einzigen Scene willen eingeflochten ist, und immer incognito bleiben konnte. Weder ihre Handlungen, noch ihr Charakter sticht hervor, und ihre Schwatzhaftigkeit ist beschwerlich. Widston und Truworth sind ein Paar überflüßige Vertraute. Widston scheint einige Zeit etwas Einfluß in das Ganze zu haben, aber dieser Einfluß ist sehr schwach, und hört endlich gar auf. Die beyden ersten Aufzüge schleichen sehr träge dahin, sind fast nur mit der Exposition des Sujets angefüllt, und von aller Handlung leer. Vor den letzten Akt ist auch sehr wenig Handlung aufgespart, er enthält nichts, als Klerdons unwahrscheinlich lange und unentschlüßige Ueberlegungen, ob er sich ermorden soll, oder nicht. Sehr unwahrscheinlich ist auch im vierten Akt die lange Erzählung, die Klerdon kurz nach vollbrachtem Verbrechen machen kann. Wäre die That auf der Bühne geschehen, so wären wir auch von den langen Reden des sterbenden Granville erlöst worden. Nach tragischem Gebrauche wird im Eingange ein Traum erzählt, den aber die Verfasser der Bibliothek mit Recht unschicklich nennen. "Die Erzählung davon ist nicht allein unwahrscheinlich, sondern sagt auch die ganze Entwickelung voraus, so, daß wir nun alles wissen, was wir zu erwarten haben. In den übrigen Aufzügen gehet die Handlung mit so lang-
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samen Schritten fort, daß sie nicht selten stille steht. Es fehlt der Anlage nicht an Situationen, aber der Dichter hat weder alle Situationen, deren sie fähig ist, zu nutzen gewußt, noch auch den größten Theil derselben recht bearbeitet. Der letzte Auftritt, welcher die schrecklichste Situation enthalten sollte. Er enthält nichts, als einige kalte Erzählungen, wodurch wir nichts erfahren, was wir nicht schon seit dem Anfange des Stücks gewußt hätten, und einen doppelten Mord, der ganz und gar keine Wirkung thut." Das Ungeheuer, den Henley, wünschten wir längst vom Erdboden vertilgt. Aber die Rache mußte entweder die Obrigkeit übernehmen, wie beym Stuckely, oder, wie die Verfasser der Bibliothek vorschlagen, sie müßte durch Truworths Eifer geschehen. So aber muß sich Klerdon, da er schon anfängt, seine Verbrechen zu bereuen, sich eines neuen schuldig machen, und nun erfordert es freylich die dramatische Gerechtigkeit, daß auch Klerdon stirbt, der wegen der noch übrigen Funken von Rechtschaffenheit das Leben, und für seine bisherigen Vergehungen nur die Strafe des folternden Gewissens, diesen fortdauernden Tod, wie sich die Verfasser der Bibliothek ausdrücken, verdiente. Schloß Brawe sein Trauerspiel vielleicht aus Nachsicht für den Geschmack der Deutschen mit einer doppelten Ermordung? Leßing sagt etwas von diesem Geschmacke im sechzehnten Stücke der Hamburger Dramaturgie. "Immer wollen wir, daß sich ein Trauerspiel, wie ein Epigramm, schließen soll, immer mit der Spitze des Dolchs, oder mit
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dem letzten Seufzer der Helden. Sollten wohl die Akteurs der Hauptrollen daran Schuld seyn? Es wäre begreiflich genug, warum sie gern das letzte Wort haben wollten. Erstochen und geklatscht!" Aber ich glaube, daß hierinnen die Autoren mit ihnen gleiche Eitelkeit haben. Wenn sich der Schauspieler nur glücklich ersticht, so klatschen auch im schlechtesten Trauerspiele gewiß einige. Und so ist auch der Autoren Wahlspruch: Erstochen und geklatscht! Das Langweiligste des Brawischen Trauerspiels, ist die Sprache. Sie ist zwar nie unedel, aber desto öfter schleppend, gedehnt, geschwätzig, deklamirend, monotonisch. Der Verfasser war mehr zum poetischen, als zum prosaischen Dialog gebohren. Daher artet er auch hier oft in poetische Prosa aus, und in dieser hört man die tragischen Helden noch ungerner deklamiren, als in wirklichen Versen. "Der Stil bleibt sich nicht gleich, oft redet eine Person, wie die andere, und nicht allezeit ihrem Charakter gemäß. Der eine redet gemeiniglich, bis er aufhört, und dann fängt der andere an. Man hört mehr den Dichter, als die Empfindungen der unterredenden Person. Einzelne Schönheiten, und Stellen, welche vor andern besonders hervor schimmerten, wird man selten finden." Mehr wegen der Sprache, als wegen des allzu ernsthaften Innhalts, hat man geglaubt, daß sich der Freygeist besser im Kabinette lesen, als vorstellen ließe. Denn warum sollte, wie der Herausgeber meint, der Innhalt für unsre Bühnen zu ernsthaft seyn? Für unsre Bühnen, wo Polyeucte und
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Olinte aufgeführt werden? Das glaube ich gar wohl, daß es einem großen Theile des Auditoriums aus eben der Ursache zu ernsthaft seyn möchte, aus welcher den Engländern ehemals der Spieler misfiel. Unser Parterr schläft bey den Sentenzen des Kodrus nicht ein, es würde ihm also wenig Ehre machen, wenn es sich durch philosophische Moral unterhalten ließe, und bey der christlichen gähnte. Sonst machte der Freygeist bey seiner ersten Erscheinung viel Aufsehen, bey einigen wegen seines moralischen Innhalts, bey einigen, weil es ein bürgerliches Trauerspiel war, bey einigen, wegen des damaligen großen Mangels an deutschen Trauerspielen.
Ehe noch Brawe das Schicksal seines Freygeistes erlebte, riß ihn sein Enthusiasmus für die Bühne zu einer neuen Unternehmung hin, und der ungleich höhere Flug, den seine Muse in einem neuen Trauerspiele nahm, ist ein unbegreiflicher Uebergang. Man kennt Brawen gar nicht, wenn man ihn nicht aus dem Brutus kennt. Er stieg vom bürgerlichen Trauerspiele zu dem sogenannten heroischen, das man dazumal noch für die höchste Staffel der Melpomene hielt. Man könnte in der Geschichte der Trauerspiele, wie in der Mythologie, einen Abschnitt unter dem Titel: Heroische Epoche machen. Die tragischen Helden waren ehedem alle Stoiker. Die meisten tragischen Dichter, sagt Johnson in der Vorrede zu seiner Ausgabe des Shakespear, haben die Bühne mit Charakteren bevölkert, dergleichen man
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im Leben nie gesehen, haben sie eine Sprache reden lassen, dergleichen man sonst nicht hört, haben sie von Materien reden lassen, die im gewöhnlichen Umgange gar nicht vorkommen. Durch hyperbolische Charaktere, durch romanhafte und unerhörte Tugenden oder Laster, durch übermenschliche Thaten suchen sie sich, wie die alten Romanenschreiber durch Riesen oder Zwerge Aufmerksamkeit zu erregen. Aber gewiß nichts kann die Phantasie eines feurigen Jünglings mehr reizen, und, wenn nach Leßings Urtheil selbst Korneille oft mehr den Namen des Gigantischen, als des Großen verdient, so müßten wir es Brawen verzeihen, daß er sich nicht einen gewöhnlichen Menschen, sondern einen Stoiker, einen Stoiker in Grundsätzen und Handlungen, den Brutus zum Helden wählte. Wir müssen ihm um destomehr verzeihen, da wir den unnatürlichen Charakter über den schönen Situationen vergessen, die Brutus vor dem Freygeiste voraus hat. Brutus soll, wie Kodrus, ein Muster der Liebe fürs Vaterland seyn. Aber zu geschweigen, daß die Römische Liebe fürs Vaterland gar nicht die Griechische ist – jene ist mehr Herrschsucht, Ehrgeiz und Großsprecherey, diese mehr Enthusiasmus für Indepedenz und Freyheit – so werden wir durch die stoische Apathie, mit der sich Brutus aufopfert, mehr betäubt als gerührt. Die Verläugnung aller natürlichen Empfindungen, und selbst der väterlichen Zärtlichkeit, die schnöde Verachtung des Friedens, die Wut gegen die Feinde, der stoische Selbstmord machen uns selbst gegen Brutus unempfindlich. Ja der
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große Mann scheint oft in dem Praler zu verschwinden. Der wahnsinnige Stolze, (S. 101) der ein schimmernd Unglück einem bescheidnen Glücke vorzieht,
Der stolze Geist, der stets gebietrisch spricht,
Gleich einem Gott, der durch Orakel schreckt,
Der hochgethürmte Held (S. 13) hält sich immer selbst die Lobrede. Ist es nicht wider alle Natur, wenn er sogar mit seinen Thränen pralt, und sich seiner wenigen Empfindung auch noch schämt:
Vergesset, daß
Ich Vater war. Sieh mich Erniedrigten,
Meßala, sieh die ersten Thränen,
Die dieß Auge weint? (S. 82)
Ist es nicht wider alle Natur, wenn er noch sterbend eine lange pompöse Harangue hält? Als das wahre Ebenbild des Cato, ist er auch da noch ambitiously sententious. Brawe hat ohnstreitig das berühmte Trauerspiel von Addison dabey vor Augen gehabt, und man müste es an ihm loben, daß er sich einen Engländer zum Muster vorgestellt, wenn die Engländer kein größeres tragisches Genie hätten. Dem Deutschen gebührt der Ruhm, daß er sein Muster erreicht hat, aber sein Ruhm ist auch nicht größer, als der Ruhm seines Vorgängers. Vom Brutus gilt völlig alles, was Johnson vom Cato sagt: Cato affords a splendid exhibition of artifical and fictitious manners, and delivers just and noble sentiments in di-
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ction easy, elevated, and harmonious but its hopes and fears communicate no vibration to the reader. We pronounce the name of Cato, but we think on Addison. Darinnen unterscheidet sich Brutus vom Cato, daß er in der entsetzlich langen Leichenrede, die er sterbend sich selbst hält, die Götter um Verzeihung bittet, daß er seinen Tod beschleunigt. Aber ich zweifle, daß dieses dem Charakter eines Stoikers angemessen sey, ob ich gleich sonst die stoische Autochirie für größre Feigheit, als Heldenmuth halte. So möchte ich es fast dem Brutus für Feigheit auslegen, daß er sich, sobald es etwan unglücklich geht, sich in sein Zelt zurückzieht, hier eine Zeitlang schwatzt, und sich dann wie ein Verzweifelnder in die Schlacht, und endlich in sein Schwerdt stürzt.
– Wild Ambition well deserves his woe.
Marcius intereßirt ungleich mehr als Brutus, er, der den Brutus wegen seiner Tugenden liebt, ohne zu wissen, daß es sein Vater ist, und ihn doch immer vom Publius auf das häßlichste abschildern hört, der muthige feurige Jüngling, der für seinen vermeinten Vater den Publius alles thut, aber doch auch die Stimme der Natur hört, wenn ihm jener unmenschliche Rathschläge giebt, der die unschuldige Maschine zu seines eignen Vaters Verderben seyn muß, und alle andre Empfindungen dem kindlichen Gehorsame aufopfert, um – ein Vatermörder zu werden, eifrig in der Freundschaft, zärtlich in der kindlichen Liebe gerieth er durch seine Tugenden auf die Wege des Verderbens, als ein biegsamer Jüng-
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ling läßt er sich erst zu einer List, und endlich zur grösten Verrätherey überreden.
Es herrscht, Tyrannen gleich,
Sein voriges Verbrechen über ihn,
Und stößt zu neuen ihn hinab.
Endlich treibt ihn die Verzweiflung über das begangne Verbrechen, sich selbst zu ermorden. Aber da Brutus sich selbst entleibt hat, so wünschte ich, daß Marcius am Leben bliebe, oder, da sein Selbstmord rasche Uebereilung, keine stoische Entschließung ist, vorher weniger declamirte. Marcius ist Juba im Cato, und Publius ist Sempronius. Publius ist ein Ungeheuer. Ich kenne den römischen Haß, aber es ist immer eine unnatürliche Leidenschaft. Publius, der den Feind nicht meiner Person, sondern meines Staates so sehr haßte, daß man seinen eignen Sohn im Hayn, den Furien geweiht, seinem Vater den Untergang schwören läßt, der, ein wahrer Zanga, nach blutiger Rache dürstet, und des Vaters Missethat noch am Sohne rächt:
War es
In jenem Krieg, als Roms unmenschlich Joch
Italien zum alten Muthe zwang,
Nicht Brutus Vater, der mein ganz Geschlecht
Vertilgte, weil es nicht der Römer Stolz
Vergötternd ehrte, weil in ihm der Geist
Des freyen Sammiums erwachte? – Tag
Des Grauns! Verhaßter Tag, als dieser Held,
Mein Vater und um ihn ein blühend Chor
Ihm gleicher Söhne von dem stolzen Beil,
Das schon so oft vom Mord der Edelsten
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Geraucht, ertödtet fielen, als mich selbst
Die glückliche Verachtung kaum erhielt,
Die meine Kindheit traf, als mich das Blut
Des Vaters überfloß, und Rache bat.
O Tag! nein, dich vergeß ich nie. –
der Rom selbst den Untergang schwört, und den Stolz der Römer demüthigen will, um seinem eignen unermeßlichen Stolze ein Opfer zu bringen, der die ganze Natur aufruft, seine Leidenschaft zu befriedigen:
Verfolg ihn, Kreis
Der Welt! Du Himmel! du Natur! erklärt
Euch wider ihn! Ein jedes Wesen sey
Dem Hassenswürdigen ein Publius!
der es dem Brutus selbst entdeckt, daß sein Sohn noch lebt, und daß sein Leben der Preis des Friedens seyn soll, der aus dem Sohn ein Instrument vom Verderben des Vaters macht, der die schreckliche Gesinnung hegt:
Es fluche mir die ganze Welt,
Seh ich mich nur gerächt!
der sterbend noch dem Brutus seinen schwarzen Plan in frolockenden Triumphe erzählt, Publius ist ein schrecklicher Charakter. Außer Publius, Marcius, und Brutus sind alles andre müßige Personen, der friedfertige Servilius hat keinen weiteren Einfluß, Messala ist ein bloßer Vertrauter, Anton kommt erst in der letzten Scene und hätte ganz wegbleiben sollen. Die Charaktere überhaupt aber sind hier ungleich besser ausgeführt, als im Freygeist. Die Situationen sind ungleich rührender, und ungleich besser
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genutzt, als dort. Publius, der Friedensvorschläge thut, um sich mit dem Marcius wider Brutus verschwören zu können, die Wahl seinen Vater oder seinen Freund zu kränken, die Wahl zwischen einem fürchterlichen Krieg, und einem schimpflichen Frieden, der Kampf der väterlichen Liebe mit der Liebe zum Vaterlande, die Wahl zwischen Meineid, Vatermord, und den Untergang des Freundes, die Scene zwischen dem Brutus, dem man den Marcius verdächtig gemacht hat, und den Marcius, der sich schuldig weiß, und sich gern für schuldig erklärte, Brutus durch des Marcius Verrätherey besiegt, Brutus durch den sterbenden Publius benachrichtigt, daß der Verräther sein Sohn sey, Marcius voller Verzweiflung, Brutus, der in das Schwerdt fällt, indem ihn sein Sohn ermorden wollte, und ihm selbst die Größe seines Verbrechens entdeckt, des sterbenden Brutus Zusammenkunft mit seinem Sohne, Marcius voller Reu, der seinem Vater durch seine Gegenwart das Herz zerreißt, ihn itzt reizet, in Donner zu reden, itzt ihn thränend zu umarmen, der sterbende Brutus selbst vom Anton bewundert, Marcius, der sich selbst ersticht, welche rührende Auftritte, wie schön angelegt, wie vortreflich ausgeführt! Was macht Kodrus dagegen für eine erbärmliche Figur! Ein Stück voll so gewaltsamer Leidenschaften kann nur von einem gebohrnem tragischen Genie kommen. Ein großer Vorzug dieses Stücks liegt auch in der Sprache, nicht blos, wie im Kodrus, in der glücklichen Versification, sondern in der starken und blühenden Poesie des Styls. Erhabne Gesinnungen,
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die im ganzen Trauerspiele herrschen, erfodern eine erhabne Sprache, und Brawens Sprache entspricht ihnen wirklich. Er hatte sich epische Helden gewählt, und so ist auch der Ausdruck episch. Heroismus beseelt das ganze Stück, und heroisch ist die Schreibart, es scheint oft nur eine dialogirte Epopee zu seyn. So glänzend, erhaben, männlich, gedrängt, beredt ist die Sprache. Man sieht aus vielen Stellen, daß er die Sprache der Leidenschaften verstanden, aber davon scheint er nicht überzeugt genug gewesen zu seyn, daß das Pathos mehr in der Handlung, als in der Sprache liege, daß der Dolch der Melpomene mehr Wirkung thut, als ihr Kothurn. Ein Rehearsal, oder Mort de Bucephale für die Deutschen geschrieben, würde uns überführen, daß der größte Schmuck des Trauerspiels die Simplicität, und alles andere Klinquant ist. Brawens Jugend müssen wir es aber verzeihen, wenn er zuweilen in geschmückte Reden überströmt, die außer dem Trauerspiele sehr schön seyn würden, wenn er sich von so vielen für die Jugend so verführerischen Beyspielen hinreißen läßt, mehr zu stolziren, als in seinem männlichen Schritte fortzugehen, mehr zu schimmern, als zu erwärmen, mehr die Ohren, als das Herz der Zuschauer zu ergötzen. Die Kühnheit des Ausdrucks ist immer ein großer Ruhm für ihn, da zu den damaligen Zeiten größerer Muth dazu gehörte, so viel zu wagen, da er alle große Gedanken und Wendungen aus sich selbst schöpfen mußte. Die feyerliche Sprache wird durch die harmonischen Jamben noch feyerli-
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cher, die er auch zuerst unter uns versucht hat, ehe sie noch den tragischen Poeten von unsern Kunstrichtern empfohlen wurden. Was für schöne poetische Perioden weiß er zu bilden! Nicht bloß den Schauspielern, die, wie der Herausgeber sagt, nach jedem Abgange ein Händeklatschen erwarten, und deswegen Geberde und Deklamation weit über die Absicht des Poeten verstärken, muß die Sprache im Brutus gefallen, weil ihnen der Dichter zu manchen schönen Abgängen Gelegenheit gegeben: sondern auch jedem empfindenden Leser, jedem Liebhaber eines kühnen und edlen Ausdrucks, der sich immer gleich bleibt, ja, sich selbst mehr gleich bleibt, als der Addisonsche.
Beyde Trauerspiele zeigen, daß Brawe mehr geleistet hat, als der fähigste Kopf vor dem zwanzigsten Jahre leisten konnte. In einem solchen Alter sich zum erhabensten Trauerspiele aufschwingen, so glückliche Erfindungen machen, die Liebe nicht allein nicht zur Triebfeder des Trauerspiels machen, sondern aus dem einem sogar alles Frauenzimmer verbannen, und mit la Brüyeren einsehen, que la tragedie n'est pas un tissu de jolis sentiments, de declarations tendres, d'entretiens galans, des portraits agreables, des mots doucereux, ou quelque fois assez plaisans pour faire rire, suivi à la verité d'une derriere scene, ou les mutins n'entendent aucune raison, et ou par la biensence il y a enfin du sang repandu, et quelque malheureux, à qui il en coute la vie, die rührendsten Situationen anlegen, sich selbst eine tragi-
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sche Sprache schaffen, mehr kann man vom Manne nicht verlangen, und alles dieß hat ein Jüngling vor dem zwanzigsten Jahre gethan. Von ihm weit mehr als von Cronegk, gelten die Worte des la Brüyere: Les enfans des Dieux, pour ainsi dire, se tirent des regles de la nature, et en sont comme l'exception. Ils n'attendant presque rien du tems et des anneés. Le Merite chez eux devance l'age. Ils naissent instruits, et ils sont plutot des hommes parfaitesque le commun des hommes ne sort de son enfance. Herr Leßing, dem wir die Sammlung seiner Werke zu danken haben, (Berlin bey Winter 1768) ruft mit Recht aus: Was hätte ein so feuriger und fleißiger Dichter unsrer Bühne nicht für Ehre machen können, wenn er länger gelebt hätte! Aber 1758, als er eben seine akademischen Studien vollenden, und die Stelle eines Regierungsraths zu Merseburg antreten wollte, überfielen ihn zu Dresden, wo er seine Aeltern besuchte, die Blattern. Sie konnten aber nicht zum Ausbruche kommen, und er starb den siebenden April an einer hitzigen Krankheit. Die Hoffnung, die sich die Nation von seinem Genie machte, diente also nur dazu, seinen Verlust desto schmerzlicher zu machen. Sollen wir uns vielleicht mit dem Herausgeber damit trösten, daß ihn Trägheit, Geschäffte, und der Zustand des deutschen Theaters mitten in seinem Wachsthume würden gehindert haben? Ein schlechter Trost! Aber mehr als zu wahr ist folgende Epanorthosis: "Wer sollte nicht die Liebe zum deutschen Theater verlieren, zu
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einem Theater, dem es zum Theil noch an Personen fehlt, die ihre natürlichen Gaben durch Studieren der Bücher und der feinern Welt erhöhet, und sich tüchtig gemacht haben, dem Dichter in allen seinen Empfindungen zu folgen, und zu Hülfe zu kommen? So lange man in Deutschland nur dem Maler, dem Tonkünstler, dem Baumeister erlaubt, seiner einzigen Kunst getreu zu bleiben, dem Dichter aber, der die schwerste und weitläuftigste unter allen schönen Künsten treibt, noch andere Geschäffte auflädt, die ihn ernähren sollen, und ihm nur erlaubt, wann er bereits ermüdet ist, sich noch einmal durch Verfertigung poetischer Meisterstücke zu ermüden: was kann man da anders erwarten, als daß er seine Kunst zuletzt vernachläßigt, oder in seinen besten Jahren stirbt?"
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