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Ewald von Kleist: Brief an Gleim. 27.11.1757. In: Ewald von Kleist's Werke. Hrsg. v. August Sauer. Zweiter Theil: Briefe von Kleist. Berlin: Gustav Hempel o. J. [ca. 1880]. S. 453-454.

<Seite 453:>

248. An Gleim.

(Theilweise gedruckt bei Körte, Bd. I, S. 105 f. Original in Halberstadt.)

Wir haben gesiegt, mein liebster Freund, wir haben gesiegt! Der Prinz von Bevern hat die Oesterreicher den 22. huj. totaliter geschlagen. Der König schickte gestern Abend einen Courier an den Prinzen Heinrich mit dieser Nachricht anhero. Sie haben um 7 Uhr des Morgens den Herzog in seinem Lager angegriffen; er hat sie zweimal repoussirt. Gegen 11 Uhr attaquiren sie ihn aufs Neue zum dritten Mal; er schlägt sie aber zurück und verfolgt sie den Tag 2 Meilen weit bis in die Gegend von Lissa, den folgenden Tag bis – – und verfolgt sie wol noch. Den zweiten Tag haben sie sich debandirt und sind in 3 Colonnen gelaufen. <Seite 454:> Der König ist nun schon in Schlesien und will die eine Colonne empfangen. Keith ist in Böhmen; die Hannoveraner rühren sich; Dänemark will Partei nehmen; die Schweden werden bald erschreckliche Schläge bekommen. Nun wird Alles gut gehen, – der Himmel stehet der gerechten Sache bei. Aber ich bin untröstlich, daß ich hier sein muß und zu nichts komme. Komme ich zu nichts Rechts in diesem Kriege, so will ich infame sein, wenn ich nicht nach dem Kriege den Abschied nehme und Kohl pflanzen gehe. Ich habe so viel Ehre wie alle die Kerls, die besser geachtet werden als ich, und muß hinter der Maur sitzen etc.

Ewald ist Hofmeister beim Erbprinzen von Hessen-Darmstadt. Er ist sehr vergnügt und wird es Ihnen selber sagen. Warum haben Sie mir auf mein Voriges noch nicht geantwortet? Ich will Ihnen dieserwegen auch einen kurzen Brief schreiben. Sie wissen doch, daß mir keine größere Freude begegnen kann, als wenn ich von meinem Gleim einen Brief bekomme. Warum schreiben Sie mir denn nicht so oft als ich Ihnen, der ich nun wahrhaftig doch mehr zu thun habe als Sie? [1]

Ich bin ewig

Ihr
Kleist.

Leipzig,
den 27. November 1757.

Schweidnitz ist durch Verrätherei eines ehemals sächsischen Capitaines, der seine Redoute verlassen und zu den Oesterreichern mit 150 (Schurken) Sachsen übergegangen, erobert worden. Die Bärenhäuter machen, daß alle neuen Regimenter nicht geachtet und wir ehrlichen Brandenburger, die wir dabei stehen und dem Könige lange gedient haben, mit verachtet werden. Aber wie will ich Kohl pflanzen! Schweidnitz wird nun bald wieder in unsern Händen sein. Herr Lessing und H. von Brawe macht Ihnen sein groß Compliment wie auch Herr Weiße. Gellert ist wieder gesund, aber noch nicht hier.


<Seite 454:>

[1] Im Original: »als ich«.

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