Briefe von Johann Peter Uz an einen Freund [den Hofadvokaten Grötzner in Römhild], aus den Jahren 1753-82. Hrsg. von August Henneberger. Leipzig: F. A. Brockhaus 1866. S. 83-86.
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Lieber Herr Vetter,
Ohne mich wegen meiner bisherigen Faulheit zu entschuldigen, schicke ich Ihnen das von mir verfertigte Trauergedicht auf meinen lieben Cronegk. Er hat meine
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Freuden großentheils mit in das Grab genommen, ohnerachtet er sich bemühet hat, mir auch nach seinem Tod ein Vergnügen zu machen. Er hat von seiner weitläuftigen Bibliothek mir den dritten Theil vermacht und verlangt, daß solche verauctionirt werden müßte. Ein Drittel des Geldes hat er den Armen legirt und das letzte Drittel dem Geistlichen, der ihn in seiner ersten Jugend erzogen. Ich habe den Catalogum verfertigen und die Auction mitbesorgen müssen. Ein Haufen Arbeit! Er ist der Verfasser des Codrus, einer Tragödie, welcher von den Verfassern der Bibliothek für die schönen Wissenschaften der Preis ertheilt und die im Anhang gedruckt worden. Er würde der Corneille der Deutschen geworden seyn, wenn er nicht so jung gestorben wäre. Er war in allen Absichten ein außerordentliches Genie, wie zum Theil aus der Sammlung seiner Gedichte, die er mir aufgetragen, erhellen wird. Sein Vater ist der General des fränkischen Creises und er war Hof-Rath und Cammer-Junker. Nur noch einen besondern Umstand will ich bemerken und alsdann von dieser verdrüßlichen Materie aufhören. Derjenige junge Edelmann, welcher das Trauerspiel: der Freygeist verfertigt hat, und um den Preis concurriret hat, ist ebenfalls gestorben, da er, wie Cronegk seinen Vater besuchte. Er soll ebenfalls ein treffliches Genie und das beste Herz gehabt haben. Was für ein Verlust für Deutschland!
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Ich habe nicht viel merkwürdiges von der letzten Meße
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erhalten. Außer den scherzhaften Liedern von Herrn Weisen
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in Leipzig, weiß ich nichts besonderes. Aber diese werden Ihnen gefallen haben. Sie gehören unter die guten Lieder. Neue Widersacher habe ich wohl bekommen; und derselben Angriffe werden Sie gesehen haben. Herr Dusch
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will den Schweitzern auf meine Unkosten ein Compliment machen, und sie haben ihm doch bey allen Gelegenheiten äußerst verächtlich begegnet. Man wird sehen, wie sie ihn wieder ehrlich machen. Sie selbst und sogar der alte Bodmer fahren fleißig fort, auf mich zu lästern; und es scheint, daß mir das Lob, welches ich in der Bibliothek erhalten, viele Feinde gemacht habe. Aber es sey drum! ich setze keine Feder mehr an. Geht es doch Leßingen auch nicht besser! Es ist auf dem Parnaß dermalen Bellum omnium contra omnes. Ich mag mich nicht mehr in diese Händel mischen.
Die Narren zu verlachen,
Ist meine Pflicht,
Allein, sie klug zu machen,
Das kann ich nicht.
Nicht wahr? Das ist auch Ihre Art, zu denken? Ich wollte, daß ich mit Ihnen eine Bouteille Wein in Ihrem Garten trinken könnte, so möchten die Wielande schimpfen, so lang sie wollten. Was macht Ihr Römhild? Womit beschäftigen Sie sich? Dichten Sie nicht mehr? Laßen Sie mich wieder einmal was lesen. Schreiben Sie mir, ob Sie wohl sind, ob Sie vergnügt sind.
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Sie werden doch mein Freund bleiben, ob ich gleich nicht immer hurtig schreibe? Doch das versteht sich ohnehin. Ich erwarte Ihre baldige Antwort mit Ungeduld und bin mit unveränderter Zärtlichkeit
Ihr
gehorsamster Diener
Uz.
Anspach,
den 14. Jun. 1758.
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Joachim Wilh. von Brawe, 1738-58.
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Christ. Felix Weiße, Scherzhafte Lieder (Leipzig, 1758).
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Joh. Jakob Dusch, 1725-87, um Bodmer's Gunst werbend, griff Uz in den »Vermischten kritischen und satyrischen Schriften« (Altona 1758) an. Die im folgenden Briefe erwähnten Bartolus und Covarruvias sind ein paar alte juristische Tröster, hier zum Scherz empfohlen. Bartolus aus Sassoferrato, 1309-55, schrieb u. a. » Super codice« und hieß iuris laterna et caecorum dux; Covarruvias, Präsident des Raths von Castilien, 1512-77, hieß wegen seiner juristischen Gelehrsamkeit Bartolus Hispanicus. »Der unsichtbare Kundschafter« (Jena 1756). »Die Freundinnen, eine rührende Geschichte« (Danzig 1756). »Die englische Waise oder Geschichte Charlotte Sommers«, o. J. Gotha.
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