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Zweyter Auftritt.

Messala, Brutus.

Messala.
Nun, Brutus! ist er da, der große Tag,
Der Rächer Roms, von Ungewittern schwer
Für Frevler, für Antone; dir voll Glanz
Und voll Unsterblichkeit. Entfesselt jauchzt
Der Erdkreis bald dir seinem Helden, bald
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Dir seinem Rächer zu. Voll Ungeduld
Bewaffnet sich dein Heer und fodert Streit.
Ich komme den Befehl – doch wie bestürzt,
Umwölkt von Schwermuth seh ich dich? – du schweigst?

Brutus.
Sprich, Freund, du sahst das Heer; von welchem Geist
Entflammt? –

Messala.
Vom Geist der Freyheit und des Muths.
Rom, Rom herrscht nur in ihm. Noch liegt die Nacht
Verbreitet um die Tapfern her, als schon
Vom kriegrischen Getös' das Feld erbebt,
Gerüstet, – Glut und Sieg auf ihrer Stirn,
Versammlen sie um ihre Führer sich,
Voll Unmuth, daß der zweifelhafte Tag
Noch mit den Schatten kämpft. Ihr Heldenmuth
Thürmt der erhöheten Gefahr sich stolz
Entgegen – und ihr Haupt – vergieb mir, Freund –
Ihr Haupt scheint sich nicht gleich, nicht Brutus mehr.
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Ein Schiffbruch droht der Freyheit, wenn dein Herz
Bezwungen sinkt, und groß zu seyn verlernt.

Brutus.
Messala, nein, mich schreckt nicht jenes Heer,
Das den Befehl entnervter Schwelger ehrt,
Und unter Knaben kämpft. Der Götter Zorn, –
Dieß fürcht' ich nur! – durch Frevel, wider Rom
Zu sehr entbrannt, kriegt wider uns. Und was
Vermag der Held, zieht wider ihn im Streit
Die Allmacht dieses Zorns? – Selbst diese Nacht
Erschien mir ein Gesicht – Wie oft hat nicht
Ein Gott im Traum die Hülle weggewälzt,
Die vor dem Heiligthum der Zukunft hängt!
Von Sorgen oft verdrängt, gewann zuletzt
Ein später Schlaf dieß Auge – nicht, wie sonst,
Wohlthätig sanft, wie er auf Frevler stürzt,
Von Schrecknissen umringt: – die Erde bebt,
Und plötzlich steht ein fürchterlich Phantom,
Des Cäsars Geist, hoch vor mir da. Um ihn
Fliegt wild zerstreut ein blutiges Gewand;
Ihn zeichnet noch der herrschbegierge Stolz;
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Die Stirn spricht Grimm; von Blutdurst trunken flammt
Sein Auge Wut; er schwingt, als wenn ihn Zeus
Mit Wettern rüstete, den furchtbarn Arm;
Der Donner und Tyrannen Stimme redt
Aus ihm: Unseliger! so rief er: (Noch
Schreckt der furchtbare Ton mein schüchtern Ohr:)
Unseliger! sieh den ermordeten
Und nunmehr bald gerächten Cäsar! Rom
Fällt, du mit ihm; der große Untergang
Söhnt meinen Schatten aus. Von deinem Blut
Entspringt sein Untergang. Er sprichts, und schnell
Erblick' ich Rom – Doch, Götter! wie? nicht mehr
Der Städte Haupt; Nacht und Verderben hängt
In Wolken über ihm. Verheerend rauscht
Die Flamme durch der stolzen Straßen Pomp.
Ich seh' den Grund der Erd' empört, ich sehe
Ein sinkend Capitol, – ein sterbend Rom.
Furchtbarer Anblick, was empfand ich da! –
Als im Triumph sieht Cäsars Geist herab.
Von Freud' und Rachbegier entbrannt, verweilt
Sein Blick auf einem Jüngling, der umringt
Von Furien, durch Dampf, Getös' und Graun
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Verwegen eilt. In blutger Rechte schwingt
Er Fackeln, und durch ihn verstärkt ergießt
Die Glut sich unbezähmter fort. Noch dünkt
Mich ihn zu sehn. Nein! es war nicht Octav.
Sein Anblick goß nur sanfte Regungen,
Mitleiden, Liebe selbst in meine Brust.
Und foderte die mörderische That
Gleich meinen Haß, so konnt' ich dennoch nicht
Ihn hassen, Freund – Nein! es war nicht Octav –
Ich flog hinzu, ihn, den Verirreten,
(Dieß schien er mir; das Edle seiner Stirn
Verführte mich:) aus seiner Trunkenheit
Zu reissen; wütend stürzt er unerweicht
Mich selbst in die Verheerung tief hinab.
Wie Welten untergehn, schallt ein Getös
Mir nach. – Das Unglück treffe mich, o Zeus!
Das dieß Gesicht weissagt; dein göttlich Werk,
Rom, lebe!

Messala.
Fürchte nichts. Zu sehr wird Rom
Von dem Unsterblichen geliebt, und du,
Die Stütze Roms. Dieß nächtliche Gesicht,
Kam es von Göttern, prüft nur dein Vertraun.
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Und prophezeiht dir nicht der letztre Kampf
Auf heute Glück? Wie schüchtern floh das Heer
Antons, als es dich sah! Wie Wogen fliehn
Vorm Grimm des Sturms. Der Veteranen selbst
Bemeisterte sich da die erste Furcht.
Die Schrecken, die du da verbreitet hast,
Sind deine Krieger in dem heutgen Kampf.
Des Ueberwundnen Arm lernt nicht sobald
Den vorgen Muth.

Brutus. (nach einigem Stillschweigen.)
Messala, wie versteckt!
In welch Geheimniß ist dieß Wort gehüllt!
»Von deinem Blut entspringt sein Untergang.«
Von meinem Blut? ich kenne keinen Sohn.
O hätt' ich ihn, den Sohn, den mir das Schwerdt
In Mutina geraubt! so bliebe, fiel
Ich auch, ein Rächer für mein Vaterland.
Die Götter wolltens nicht – vergieb mir, Rom,
An diesem Tag' sollt ich ganz Bürger seyn,
Und ich bin Vater – Freund, uns ruft der Kampf,
Der Erd' Erwartung ruft, komm! – Marcius? –


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