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Vierter Auftritt.

Brutus. Messala.

Brutus.
So bin ich denn besiegt? Rom und die Welt
Sind Sklaven? und Antone sind gekrönt?
So stürzt die Arbeit von Jahrhunderten
Ein Tag darnieder? Tag, den Furien
Geweiht! dem Frevel hülfreich, feind dem Recht,
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Auf ewig sey der Nachwelt Fluch, das Graun
Der Götter und der Menschen! – Brutus lebt,
Und sieht der Freyheit Tod? Verhaßtes Licht,
Das den Triumph der Tyranney bestralt.
Mehr als die Nacht der Unterwelt, bist du
Mir schrecklich! Warum liegt mein Leichnam nicht
Bey jenen Helden, die der schönste Lohn
Des Patrioten ehrt, der große Tod
Fürs Vaterland? Ihr habt ihn mir geraubt,
Grausame Freunde!

Messala.
Freund, es preist noch einst
Die Welt und unser Vaterland die That.
Dein Tod? ist dieser nicht die Sicherheit,
Das Glück der Tyranney? Ein Rächer lebt
Für sie in dir. – Versammle neuen Krieg
Schnell um dich her. Ersticke den Triumph,
Mit dem ihr Stolz sich bläht, in Strömen Bluts.
Sey wieder furchtbar, wie du heute warst,
Und glücklicher. Was nur ein Held thun kann,
Thatst du, und selbst bey seinem Fall muß Rom
Dir danken.

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Brutus.
Mir? dem unglückseligen
Befördrer seines Falls? Hier blutet sie,
Die Wunde, Freund! Vertraut' ich nicht das Wohl
Der Erde dem Meyneidigen, der uns
Verachtet hat? – Und naht' ich ungewarnt
Dem Abgrund? Du, der Freund des Marcius,
Selbst du strittst wider die Verblendung, die
Mich fesselte; und dennoch brach kein Tag
Durch sie hindurch. Mehr als die Sicherheit
Von Rom, liebt' ich den Strafbarn. O Gedank!
Gedank des Todes: Es ist hin, durch mich,
Durch meine Schuld, mein Vaterland! Noch nie
Empfundne Qual steigt wütend in mir auf. –
Nacht und Entsetzen häuft sich um mich her.
Siehst du dort die Schatten, die, Messala,
Mir furchtbar nahn? – Sie sinds, die Helden Roms.
Wie zürnt ihr Blick, daß ihrer Siege Lohn
Durch mich der Tyranney Triumph nun schwellt!
Wie graunvoll thürmen sich vor meinem Blick
Die Folgen meiner Schuld empor? Hier würgt
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Der wütenden Tyrannen Schwerdt, nie satt
Von Grausamkeit! – Hier weint bedrängt Verdienst. –
Auf rauchender verheerter Städte Grab
Tritt stolz ihr Fuß einher. – Hier kämpfen sie,
Ob der ob jener soll der Peiniger
Der Erde seyn; verschwendet strömt das Blut
Von Tausenden. – Auf mich, auf mich allein
Stürzt sich die fürchterliche Flut. Mich klagt
Die Stimme trauriger Jahrhunderte
Voll Abscheu an; und jede Thräne, die
Der Erdkreis weinen wird, weint meine Schmach.
Unglückliche! durch mich Unglückliche!
Verzeiht. – Mehr, als ihr leiden könnt, leid' ich.
Den ganzen Schmerz, den jemals dieser Tag
Gebiert, fühl' ich in dieser Brust vereint.

Messala.
Ist Brutus gegen sich nur ungerecht?
Verdammt er jetzt sein Herz, das zum Verdacht
Zu groß, zu göttlich war? – Und welcher Glanz
Verhüllte nicht das Laster, Marcius?
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Das Innre zu erforschen, ist allein
Der Gottheit Theil.


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