Friedrich Nicolai: Vorläufige Nachricht, welche anfänglich besonders herausgekommen. In: Bibliothek der schönen Wissenschaften und freyen Künste. 1. Band, 1. Stück. Leipzig: Dyck 1757. S. 1-16. (Faksimile hier.)
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I.
Vorläufige Nachricht,
welche anfänglich besonders herausgekommen.
Die schönen Wissenschaften sind so reizend, und die Beschäfftigung mit denselben ist so angenehm, daß die Mühe auf das reichlichste belohnet wird, die man anwendet, um zur Vollkommenheit in denselben zu gelangen. Ausser dem Einfluß, den sie in die ernsthaftere Wissenschaften und in alle Theile des bürgerlichen Lebens haben, erstrecket sich ihre Herrschaft über alle Kräfte unserer Seele, deren Wirkungen sie verbessern und dieselben mit einem Vergnügen durchflechten, das sich über alle unsere Handlungen ausbreitet. Ein Liebhaber der schönen Wissenschaften, empfindet die heitersten Aussichten des menschlichen Lebens in ihrem vollkommensten Schmuck; die ganze Natur liegt vor ihm; ihre Gestalt, ihre Worte, ihre Töne rufen
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ihm Vergnügen zu, wann der Verächter der schönen Wissenschaften, dabey, als bey einer Sprache die er nicht versteht, unempfindlich bleibet. Ganze Völker, werden durch den Einfluß der schönen Wissenschaften gesitteter und geselliger. Wo sonst eine mürrische Pedanterie die Stelle der Ernsthaftigkeit, und ein ceremonieller Zwang die Stelle des Vergnügens einnahm, da wird durch die Hülfe der schönen Künste, ein anständiges gesetztes Wesen, und eine uneingeschränkte Freude eingeführet. Der wahre Geschmack an den schönen Wissenschaften, wird auch den ernsthaftern Wissenschaften nie schädlich seyn; er wird denselben Zierathen leihen, ohne ihrer Gründlichkeit Abbruch zu thun; die Wege derselben werden mit Blumen bestreuet werden, aber es werden eben dieselben Wege bleiben.
Ein Volk bey dem die schönen Wissenschaften blühen, kann also der Hochachtung anderer Völker und der Nachwelt, gewiß seyn; aber es kann derselben, nur alsdenn gewiß seyn, wann sein Geschmack vollkommen ist, und das Mittelmäßige so wie das Schlechte, verdammet. Zu dieser Genauigkeit des Geschmacks, welche die höchste Staffel der Blüthe der schönen Wissenschaften ist, und welche eine Nation zu einer Lehrerinn anderer Nationen machet, werden wir nie gelangen, wann wir uns nicht bemühen die Gründe der schönen Wissenschaften aufs genaueste zu untersuchen. So lange man die schönen Wissenschaften nur aus einer Art von Instinkt treibt, so lange man die Wahl verschiedener Schönheiten eines Werkes, nur durch ein Gerathewohl bestimmet, so lange man
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aus Gefälligkeit gegen sich selbst und gegen andere, kleine Fehler so wenig achtet, als kleine Schönheiten; kurz so lange man nichts mehr wünschet als nur mittelmäßig zu seyn, so lange wird man nie hoffen können, zu einer erhabnen Staffel des Geschmacks zu gelangen.
Die Kritik ist es also ganz allein, die unsern Geschmack läutern, und ihm die Feinheit und die Sicherheit geben kann, durch die er sogleich die Schönheiten und die Fehler eines Werkes einsieht; und ein feiner Geschmack ist nichts anders, als eine Fertigkeit die Kritik jederzeit auf die beste Art anzuwenden. Wann man ausser diesem den Geschmack zum Richter über die Werke der schönen Künste machen wollte, so würde man nie gründlich und übereinstimmend urtheilen, und ein und eben derselbe Gegenstand, würde nach dem Eigensinne jeder einzelnen Person, bald schön, und bald häßlich heißen müssen. Wir werden hingegen nie befürchten dürfen, falsch zu urtheilen, wann wir die Urtheile unsers Geschmacks jederzeit durch die Gründe der Kritik, bestätigen können.
Dieß sind die Betrachtungen, die wir angestellet haben, als wir uns zu der periodischen Schrift entschlossen, davon wir itzt eine vorläufige Nachricht geben. Sie beziehen sich auf die hauptsächlichsten Absichten, die wir zu erhalten suchen, und nach denen wir uns beurtheilet zu sehen wünschen. Damit aber unsere Leser noch eigentlicher wissen mögen, was sie von uns erwarten können, so wollen wir noch genauer
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von allem dem reden, was wir uns in unserer Schrift zu leisten vorgesetzet haben.
Unser Zweck, ist die Beförderung der schönen Wissenschaften, und des guten Geschmacks unter den Deutschen, und wir werden also nichts unterlassen, was uns zu diesem Zwecke dienlich scheinen wird. Wir nehmen uns daher vor, alles, was uns zur Kenntniß der Geschichte und der Verbesserung der schönen Künste, bey den Ausländern so wohl als besonders in Deutschland, dienliches vorkommen wird, beyzubringen. Unsere hauptsächlichste Bemühungen, werden zwar auf die Beredsamkeit und die Dichtkunst gehen; weil wir aber überzeugt sind, daß die schönen Künste durch die genaueste Bande mit einander verknüpft sind, so werden wir von der Malerey, Kupferstecher-[,] Bildhauer- und Baukunst, wie auch von der Musik und Tanzkunst öfters handeln. Und da es gewiß ist, daß viele Deutschen, von verschiedenen dieser Künste, keine sonderliche Kenntniß haben, und daher unfähig sind, die Schönheiten derselben richtig zu beurtheilen; so werden wir uns ein Vergnügen machen, öfters solche Anmerkungen einzustreuen, wodurch die richtige Kenntniß derselben befördert werden kann. Wir werden uns besonders bemühen ihre Uebereinstimmung mit den übrigen schönen Künsten, darzuthun, und zu zeigen, daß des Eigenen ohnerachtet, das jede Kunst für sich hat, dennoch alle in ihren Grundregeln übereinstimmen. Wir werden uns bey diesen Anmerkungen allemal erinnern, daß wir nicht für diejenigen, die diese Künste wirklich treiben, sondern für die Liebhaber der-
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selben schreiben, und also jederzeit dafür sorgen, daß wir den letztern angenehm und verständlich bleiben.
Wir werden zu Erreichung des gedachten Zwecks von allen Büchern, die in die schönen Wissenschaften einschlagen, Nachricht geben, und zwar so wohl von denen die bey unsern Nachbaren, sonderlich den Engländern, Franzosen und Italiänern, als auch von denen, die bey uns in Deutschland herauskommen. Wir werden nicht allein von neuen Büchern, sondern auch, wann wir es nöthig finden, von solchen reden, die schon seit einiger Zeit heraus gekommen sind. Unsere vornehmste Sorge, wird dabey seyn, den Lesern einen richtigen Begriff von dem Buche, das wir ihnen vorlegen, beyzubringen. Wir werden daher von prosaischen Abhandlungen von einer Wichtigkeit, aneinanderhängende Auszüge geben, worinn der wahre Sinn des Verfassers getreulich vorgetragen werden soll. Wenigstens wird das Neue und Besondere eines Buches jederzeit angezeiget werden; von den Werken des Witzes aber, die keines aneinanderhängenden Auszuges fähig sind, werden wir solche Stellen als Beyspiele anführen, die am geschicktesten sind von der Natur des Ganzen zu zeugen. Diesem werden wir, nach Beschaffenheit der Umstände, unsere Urtheile hinzufügen; wir werden sie aber nie vor dictatorische Machtsprüche geben, sondern es werden vielmehr die Leser, durch den vorangeschickten Vortrag des Inhalts und der Meynungen des Buchs, in den Stand gesetzt seyn, zu entscheiden, ob die Folgerungen, die wir daraus ziehen, richtig sind. Wir werden uns dabey vornehmlich der Unpartheyligkeit
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befleißigen. Die Gründe der schönen Wissenschaften, werden uns leiten, nicht der Ruhm oder die Freundschaft eines Verfassers. Wir sind kühn genug auch dem berühmtesten zu sagen, daß er gefehlet habe, und wir werden seine übrigen Verdienste dadurch nicht zu schmälern suchen.
Es ist uns lieb, daß wir hier unsere Leser versichern können, daß wir zu keiner von den Sekten, die bisher eine lächerliche Herrschaft über das deutsche Reich des Witzes haben behaupten wollen, geschworen haben. Wir stehen in keiner Verbindung mit den Häuptern derselben, und wir machen keinen Anspruch weder auf ihre Clientel, noch auf ihre Freundschaft, durch welche Mittel schon so oft die ungereimtesten Lobsprüche sind empfangen und gegeben worden. Wir erklären aber auch, daß wir wider dieselben nicht eingenommen sind, noch vielweniger eine persönliche Feindschaft gegen sie hegen; wir begehren nichts weiter, als völlig neutral und keiner von beyden Partheyen Freund oder Feind zu seyn, so wie es unbestochenen Richtern gebühret. Will uns aber jemand deswegen für feindlich halten, weil wir ihm vielleicht die Staffel auf dem Parnaß nicht einräumen, die er sich einzunehmen dünket, dem wünschen wir, daß er sie wirklich erreichen möge, damit wir so dann seine Freunde werden können, wann wir ihm sagen, daß er sie erreichet habe. Mit eben der Aufrichtigkeit, mit der wir Fehler anzeigen, werden wir auch Schönheiten bemerken, und bey den letztern wird noch das Vergnügen hinzukommen, das wir allemal über wohlgerathene Bemühungen empfinden. Wir werden uns aber nie verführen lassen,
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aus einer unzeitigen Gefälligkeit Fehler für Schönheiten auszugeben; wir werden uns vielmehr jederzeit in den Schranken der Wahrheit zu halten suchen, und wir werden auch unsere eigene Fehler gern gestehen, wann wir überzeugt werden, daß wir gefehlet haben.
Wie wir unsere Urtheile jederzeit mit Bescheidenheit, und mit Rücksicht auf den höhern Richterstuhl des Publici abfassen werden, so werden wir auch alle unnöthige Bitterkeit vermeiden; wir bitten aber sehr es nicht für Bitterkeit und Heftigkeit zu halten, wann wir ein jedes Ding bey seinem Namen, einen elenden Schriftsteller, einen elenden Schriftsteller, und einen öden Kopf, einen öden Kopf nennen. Es ist eine Gewohnheit unter den deutschen witzigseynwollenden Köpfen eingerissen, kraft deren einer den andern streichelt, und der ganze Haufe lobt, quicquid seripsere beati. Wir werden aber dieser Gewohnheit nicht folgen, und so wie wir von niemand Lob verlangen, als welches aus der Wahrheit fließt und mit derselben bestehen kann, so werden wir ein anderes auch nicht geben. Wir zweifeln zwar nicht, daß dieses vielen Herren, die gelobt seyn und mit Gewalt gelobt seyn wollen, etwas fremde scheinen werde; wir werden uns aber hüten, uns durch ihr Befremden irre machen zu lassen.
Unsere Aufrichtigkeit wird uns nichts destoweniger nicht hindern, in den gehörigen Fällen Nachsicht zu gebrauchen. Wir werden aufblühende Genies, nie durch unzeitig scharfe Kritiken abschrecken, so wenig als wir sie durch unzeitige Lobsprüche verderben werden. Wir erinnern hierbey, daß wir die Werke der jungen
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deutschen Liebhaber der schönen Wissenschaften häufiger anführen und genauer beurtheilen werden, als es vielleicht sonst gewöhnlich gewesen ist. Wir halten die Beurtheilung der Werke junger Leute, der Beförderung der schönen Wissenschaften noch zuträglicher, als die Beurtheilung bejahrter Schriftsteller. Die ersten stehen noch nicht fest und können sich leicht verbessern oder verschlimmern; die andern aber, können mehrentheils nur bloß als Beyspiele des Schönen oder des Schlechten angeführet werden, und haben in dem ersten Fall des Lobes eines Kunstrichters nicht nöthig, oder können doch in dem zweyten Fall schwerlich bekehret werden.
Wir müßten den Zustand der schönen Wissenschaften in Deutschland gar nicht kennen, wann wir der lachenden Satire den Zugang versagen wollten; wer die große Anzahl der elenden Schriftsteller kennet, von denen Deutschland wimmelt, der weis wie schwer es ist keine Satire zu schreiben. Die Satire ist ohnstreitig das kräftigste und vielleicht das einzige Mittel, schlechte Schriftsteller zu bessern, und wir wünschten doch, daß wir sie bessern könnten!
Ob wir gleich unsere Schrift nicht zu einem Schauplatz der Streitigkeiten und des Wortgezänks machen wollen, so werden wir doch die Streitigkeiten, die sich nicht auf Privataffekten, sondern auf eine wahre Liebe zu den schönen Wissenschaften gründen, nicht daraus verbannen. Wir haben es mit Unwillen gesehen, daß eine Parthey, über deren Werth das deutsche Publicum nun wohl nicht mehr zweifelt, in
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einer bekannten Monatschrift bishero gleichsam die einzige Stimme der Nation gewesen ist, und ihre eigene Meynungen als die Meynungen der ganzen Nation hat ausbreiten dürfen, ohne daß weder die andere ohnstreitig ungleich schätzbarere Parthey, noch diejenigen, die sich zu keiner von beyden Partheyen schlagen, eine Schrift gehabt hätten, worinnen sie ein Wort dawider hätten sagen können. Wir bieten daher unsere Schrift denen mit Vergnügen an, die streitige Punkte untersuchen wollen, wann anders ihre Untersuchungen wirklich nützlich sind, und in den Schranken der Artigkeit und des Wohlstandes bleiben. Auch wir selbst, werden uns öfters nicht entbrechen können, unsere Meynung von dem zu sagen, wovon andere ihre Meynung bereits gesagt haben.
Weil wir die Reinigkeit der Sprache und die Richtigkeit des Ausdrucks für zwey Stücke halten, die bisher von unsern deutschen Schriftstellern nicht allein vielfältig mit einander verwechselt, sondern auch auf eine kaum glaubliche Art vernachläßiget worden sind, so werden wir diese wichtigen Theile der schönen Schreibart nicht allein selbst zu beobachten suchen, sondern auch bey den Schriften, die wir beurtheilen, sorgfältig darauf Acht geben, und werden daher manche Schriften, deren Vorwurf sonst eigentlich nicht in unser Fach gehöret hätte, in Absicht auf die Schreibart beurtheilen, um das Vorurtheil bey uns immer mehr auszurotten, daß man in Schriften, die die schönen Wissenschaften nicht zum Endzweck haben, nicht schön schreiben dürfe.
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Wir denken aber unsere Schrift nicht mit lauter Beurtheilungen von Büchern anzufüllen, sondern werden uns angelegen seyn lassen, über alle Theile der schönen Wissenschaften kritische Abhandlungen zu liefern. Wir sind überzeugt, daß man ohne eine gründliche Kenntniß, und die genauste Bestimmung und Berichtigung der Regeln, nie etwas vorzügliches in den schönen Wissenschaften leisten kann. Nichts ist gefährlicher, als die Regeln, die aus den gewöhnlichen Dicht- und Redekünsten, oder andern Lehrgebäuden über die schönen Wissenschaften, geschöpft, ohne Einsicht angewendet, und sclavisch befolget werden; sie werden einen Schriftsteller ewig mittelmäßig lassen, so wahr und so richtig sie sonst auch seyn mögen, wann er sie bloß als bekannt und ausgemacht annimmt, und nicht selbst darüber nachdenkt, und sie nicht gleichsam aufs neue aus der Natur der schönen Künste abstrahiret. Es kann also nichts nüzlicher seyn, als die Theile der schönen Wissenschaften einzeln zu untersuchen, und den Schriftstellern Gelegenheit zu geben, über die Vorwürfe, die sie bearbeiten wollen, vorher wohl nachzudenken. Es ist leider nur allzuwahr, daß man diesen schätzbaren Theil der Kritik, bey den Deutschen beynahe ganz vernachläßiget hat; wir wissen, ausser einigen einzelnen zerstreuten Abhandlungen, fast niemanden als den berühmten Herrn Breitinger zu nennen. Dieser hat die Deutschen zuerst gelehret, über die schönen Wissenschaften nachzudenken und auch da, wo man seiner Meynung nicht seyn kann, ist man genöthiget ihn hochzuschätzen. Da aber dieser gelehrte Mann nicht alle Theile der schönen Wissenschaften abgehandelt hat, so bleiben uns noch viele Felder
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übrig, in denen wir mit Nutzen arbeiten können. Wir werden der Spur großer Kunstrichter alter und neuerer Zeiten nachgehen, und entweder unsere Gedanken mit den ihrigen bewähren, oder auch, wann wir es nützlich finden, ganze Abhandlungen von ihnen übersetzen und einrücken. Wir werden suchen falsche Begriffe, die man bisher gehabt hat, zu widerlegen, Sätze die ununtersucht geblieben sind, in ein helleres Licht zu setzen, streitige Punkte zu erörtern, Fehler zu verbessern und richtige Gedanken noch mehr zu bestätigen. Wir hoffen durch diese Bemühungen die Aufmerksamkeit auf die wahre Schönheiten der Werke des Genies rege zu machen, und wir werden unsern Vortrag jederzeit so einrichten, daß wir vernünftigen Lesern unsere Meynungen nicht als Machtsprüche aufdringen, sondern sie durch die beygefügte Gründe in den Stand setzen, zu urtheilen, ob unsere Meynungen würdig sind, auch die ihrigen zu werden.
Die Geschichte der schönen Wissenschaften, wird auch einen ansehnlichen Theil in unserer Bibliothek einnehmen. Es ist angenehm zu wissen was andre geleistet haben, und es ist sodann leichter sich nach denselben zu bilden, und die Fehler, worinn sie gefallen sind, zu vermeiden. Wir werden uns, so wie der Verbesserung also auch der Geschichte des deutschen Theaters besonders befleißigen. Wir hoffen hiermit bei unsern Lesern um desto mehr Dank zu verdienen, da Herr Leßing, ein Mann, dessen Feder dazu ohnstreitig weit geschickter gewesen wäre, als die unsrige, diesen gemeinnützigen Gegenstand, aus einer fast zu
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tadelnden Bescheidenheit aus seiner theatralischen Bibliothek verbannet hat. Und da in der gedachten theatralischen Bibliothek, wenig oder gar keine Nachrichten von auswärtigen Schaubühnen angetroffen werden, so werden wir von Zeit zu Zeit einige einfließen lassen, und wir hoffen besonders von den neuesten Begebenheiten des Französischen Theaters ordentliche Nachricht geben zu können, wie auch das engländische Theater aus einem solchen Augenpunkte zu zeigen, daß man sehen wird, wie schätzbar es ist, und wie elend die Urtheile einiger seichten Köpfe sind, die es verachten ohne es anders zu kennen, als aus den Machtsprüchen eingebildeter Kunstrichter, die weder das Theater überhaupt, noch die Sprache und das Genie der engländischen Nation zu beurtheilen wissen. Wir hoffen auch im Stande zu seyn, öftere Nachrichten von den Schriften der ausländischen witzigen Köpfe, welche eben nicht in großer Anzahl in unsere Gegenden zu kommen pflegen, mitzutheilen, und dieselbe zu beurtheilen. Wir werden, wann uns Nachrichten von den Leben berühmter Dichter vorkommen, uns ein Vergnügen machen, dieselbe mitzutheilen, wodurch wir der Geschichte der Gelehrsamkeit, und der schönen Wissenschaften insbesondere, einen Dienst zu erweisen hoffen. Vor jeden Band und vielleicht noch öfter, werden wir das Bildniß eines berühmten schönen Geistes liefern, und wir hoffen dadurch unsern Lesern mehr Vergnügen und Nutzen zu schaffen, als wann wir unsere Bibliothek zu einem monatlichen Bilderbuch machten, worauf ein Küpferchen stehen müßte, nur damit es ein Küpferchen wäre.
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Die eigentlichen poetischen Ausarbeitungen wollen wir aus unserer Bibliothek gar nicht verbannen, sondern es wird uns vielmehr angenehm seyn, wann wir von Zeit zu Zeit einige einrücken können. Wir hoffen auch, daß unsere Leser aus der getroffenen Wahl unter denselben, sehen werden, daß wir uns gehütet haben andere einzurücken, als solche, die als Beyspiele zu den von uns festgesetzten kritischen Regeln, angesehen werden können.
Es wird uns sehr angenehm seyn, wann uns vernünftige und geschickte Liebhaber der schönen Wissenschaften, mit ihren Beyträgen beehren wollen. Wir ersuchen sie, dasjenige was sie an uns senden wollen, an unsern Verleger mit einem Umschlage: An die Verfasser der Bibliothek für die Liebhaber der schönen Wissenschaften, postfrey zu addressiren. Weil wir aber für dasjenige, das wir drucken lassen, als für unser eigenes antworten müssen, so wird man es uns nicht übel deuten, wann wir nur dasjenige einrücken, so wir des Drucks würdig finden. Wir wünschten dahero, daß sonderlich diejenigen, die uns Gedichte u. d. gl. zusenden wollen, uns ihren Namen, oder eine Addresse an einen Dritten melden wollten, damit, wann wir worüber Zweifel hätten, wir sie ihnen entdecken können. Mit bereits verfertigten Recensionen von Büchern bitten wir uns zu verschonen.
Es werden von unserer Bibliothek jährlich vier Stücke, jedes ohngefähr vierzehn Bogen stark, erscheinen, wovon jedesmal zwey Stücke einen Band ausmachen können.
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Wir müssen noch von einem Vorhaben reden, dessen wir bereits auf dem Titel erwähnet haben, nämlich von dem Preise, den wir auf gewisse Ausarbeitungen aus der Beredsamkeit und Dichtkunst setzen wollen. Wir begehren dieses Vorhaben für nichts anders auszugeben, als was es wirklich ist, nämlich für einen Vorschlag, der aus unserer Liebe zu den schönen Wissenschaften entsprossen ist, und für einen Versuch, ob sie auch vielleicht mittelbar, auf eine in Deutschland bisher nicht gewöhnliche Art befördert werden könnten. Nicht als ob wir, um mit einem gewissen Schriftsteller zu reden, glaubten, daß die Wahrheit für sich nicht Reizungen genug hätte, und daß man ihr erst ein Goldstückchen anhängen müsse, um die Menschen anzureizen, sich nach ihr zu bemühen; sondern weil wir wissen, daß oft die geringsten Dinge mittelbar eine gute Wirkung haben können. Wir wissen, daß wann ein solches Vorhaben von einem Großen der Welt herrührte, sich leicht Schmeichler finden könnten, die es als eine der Ewigkeit würdige That anpreisen würden; weil aber derjenige, von dem dieser Preis herrühret, kein Grosser dieser Erden ist, so ist es ihm nicht in den Sinn gekommen, diese Schmeicheley damit zu verdienen, über die er lächeln würde, wie man über ein schlechtes Lob lächelt. Er und wir sind überzeugt, daß Belohnungen zur Beförderung der schönen Wissenschaften eigentlich nicht nöthig sind, und wir haben also gar nicht die Absicht gehabt, den bisherigen Mangel derselben in Deutschland zu ersetzen. Wir werden zufrieden seyn, wann dieses Vorhaben im Kleinen einige gute Wirkungen nach sich zieht, ohne
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uns mit großen Ideen zu beschäfftigen, die mehrentheils gleich andern Träumen, von der Erfahrung vereitelt zu werden pflegen.
Wir setzen also auf dieses 1756te Jahr, funfzig Reichsthaler, zum Preise für das beste Trauerspiel über eine beliebige Geschichte, das uns zugesandt werden wird. Wir werden in das erste Stück unserer Bibliothek, eine besondere Abhandlung über das Trauerspiel, einrücken, welche die Regeln enthalten wird, nach denen wir die eingesandten Stücke prüfen werden. Weil aber dasselbe wegen einiger Umstände, etwas später als wir uns anfänglich vorgesetzt hatten, an das Licht treten wird, so wollen wir diesesmal die einzusendende Stücke bis zu Ende des itztlaufenden Jahres annehmen. Kurz darauf werden wir melden, welches Stück den Preis erhalten hat, welches sodann, nebst einigen andern, die mit um den Vorzug gestritten haben, gedruckt werden soll, damit das Publicum urtheilen könne, ob wir den Vorzug würdig bestimmet haben. Die Verfasser die um den Preis arbeiten wollen, werden also gebeten, ihre Stücke in einer leserlichen Abschrift vor dem letzten des Christmonats dieses Jahres an unsern Verleger, unter einem Umschlag an uns, postfrey einzusenden; und wie gewöhnlich eine Devise auf ihr Stück, und auf einen versiegelten Zettel zu setzen, der ihren Namen und Adresse enthält, und der bey den Stücken, welche den Preis nicht erhalten, nicht geöffnet werden soll. Der Preis wird gleich nach der Bekanntmachung, demjenigen, dem er zugesprochen
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worden, von unserm Verleger, gegen gehörige Quittung ausgezahlet werden. Wir werden vielleicht künftig im Stande seyn, unsern Preis zu erhöhen, wovon wir zu seiner Zeit, Nachricht geben werden.
Wir werden erwarten, wie das Publicum unsere wohlgemeynte Bemühungen aufnehmen wird, und so wie uns der Beyfall der wahren Kenner der schönen Wissenschaften die süsseste Belohnung unserer Arbeiten seyn wird, so werden wir ein elendes Lob, so wie einen ungegründeten Tadel verachten.
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