Römische Historie von Erbauung der Stadt Rom, bis auf die Schlacht bey Actium, oder das Ende der Republik. Aus dem Französischen des Herrn Rollin ins Deutsche übersetzt. [Dieser und alle weiteren der insg. 16 Bände wurden nach Rollins Tod von Jean-Baptiste-Louis Crevier geschrieben.] Zehnter Theil. Breslau: Johann Jacob Korn 1760. S. 274-275; S. 374-375; S. 478-480. [Den letzten Auszug hat Gellert zur Grundlage seines Gedichts »Der gehoffte Ruhm« gemacht.]
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Sobald Präneste über war, begab sich Sylla in eigener Person dahin. Lucretius hatte bereits verschiedene Rathsherren von des Marius Parthey, die er im Orte antraf, hinrichten lassen, Sylla machte den Garaus, und verurtheilte die-
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jenigen, die sein Unterfeldherr ins Gefängniß geworfen hatte, zum Tode. Nachgehends befahl er, es sollten alle in der Stadt befindliche Römer besonders zusammentreten, die Pränestiner und Samniter gleichfalls, jedwede Landsmannschaft besonders. Zu den Römern sagte er, sie hätten zwar das Leben verwirket, unterdessen wolle er es ihnen als seinen Landsleuten hiermit schenken. Was die Pränestiner betraf, so fieng er an zu untersuchen, wie weit etwa ein jeder sich versündiget haben möchte, damit er sein Verfahren darnach einrichten könnte. Allein, weil ihm die Sache zu weitläuftig fiel, und er keine Zeit dazu hatte, so befahl er sie nebst den Samnitern, als die er nie begnadigte, ohne weitere Umstände niederzuhauen. Nur einen einzigen Pränestiner nahm er aus, nämlich denjenigen, in dessen Hause er war. Allein dieser großmüthige Mann sagte, er werde es nimmermehr zugeben, daß sein Leben ein Geschenke von dem Henker seiner Landesleute werden sollte; damit lief er mitten unter sie hinein, und ließ sich gleichfalls niederstoßen. Die Anzahl aller derer, welche bey dieser Gelegenheit niedergemetzelt wurden, belief sich nach dem Plutarchus auf zwölf tausend. Niemand wurde verschonet als die Weiber und Kinder. Die Stadt wurde Preiß gegeben, und ihr Gebiete zum Vortheile des römischen Volkes eingezogen.
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Pompejus brachte das diesseitige Gallien ohne die geringste Schwierigkeit zum Gehorsam. Das einzige Modena, darein Brutus sich geworfen hatte, machte ihm lange zu schaffen. Endlich lief die Sache gleichwohl zu des Pompejus Vergnügen ab, und Brutus lieferte sich in seine Hände, entweder aus eigenem Triebe, oder weil ihn das Ausreißen seiner Soldaten dazu zwang. Dem Ueberwinder brachte sein Verfahren gegen seinen Gefangenen keine sonderliche Ehre; denn erstlich ließ er ihn unter einer Bedeckung nach Reggio abführen; den folgenden Tag schickte er den
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Geminius nach, der ihn niedermachen mußte. Was die That noch unverantwortlicher machet, ist dieses, daß er anfänglich an den Rath schrieb, Brutus habe sich freywillig und aus eigenem Triebe ergeben. Aber nachdem er ihn aus dem Wege geräumet hatte, nahm er eine andere Sprache an, und legte den Erwürgten in einem zweyten Schreiben ungemein vieles zur Last. Es ist dieses allerdings ein Schandfleck in des Pompejus Leben, und der berufene Brutus, ein Sohn des nurgemeldeten, verzieh dem Pompejus seines Vaters Tod nicht eher, als bis es das gemeine Beste nach seiner Meynung erforderte.
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Aus dem bereits erwähnten erhellet zur Genüge, wie viel Cicero auf sein Quästoramt sich einbildete; ja er gesteht selbst, er habe bey seiner Abreise aus Sicilien den Kopf so voll davon gehabt, daß er geglaubt, man rede zu Rom von keiner andern Sache, als von seinem rühmlichen Verhalten. Dergestalt stutzete er gewaltig, als ihn bey der Durchreise durch Puzzuolo, wo eben
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damals wegen der bequemen Jahreszeit eine große Menge Badegäste beysammen war, der erste Bekannte den er antraf, fragte, wenn er von Rom weggereiset sey, und was neues da vorgehe? Ich komme nicht von Rom, antwortete Cicero mit einem verdrießlichen Wesen, sondern aus meiner Landschaft. Ach! das ist wahr; fieng der Fragende wieder an: nicht so? aus Africa. Hierüber ärgerte sich Cicero noch mehr, und versetzte ziemlich hitzig, seine anvertraute Landschaft sey Sicilien gewesen, nicht aber Africa. In dem kam der dritte Mann dazu, verwies es jenem, daß er gar keine Kenntniß von dem was vorgehe besitze, und sagte: Du solltest es billig wissen, daß Cicero als Quästor zu Syracusa gestanden hat! Nun war er vorhin gemeldeter maßen zu Lilybäum gewesen. Als Cicero das hörete, schickte er sich, als ein Mann der zu leben weis, in die Sache, er ließ die Einbildung fahren, daß man ihn für einen dem Staate unentbehrlichen Mann ansehen müsse, und mischte [...] sich unter den dickesten Haufen, als wenn er gleich den andern, bloß der Brunnencur zu Gefallen hier wäre.
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Diese dem Ansehen nach, geringschätzige Begebenheit, brachte ihn auf sehr ernsthaftige Ueberlegungen. Er sah nunmehr ein [...], das römische Volk gebe wenig Achtung auf das, was es höre, sondern nur auf das, was ihm in die Augen falle. In diesem Augenblicke ergriff er die Entschliessung, beständig in der Stadt zu verbleiben, seinen Mitbürgern immer vor den Augen herum zu gehen, und den Marktplatz gleichsam zu seinem Wohnplatze zu machen; weil er auch seine ganze Hoffnung höher zu steigen, bloß auf seine Beredsamkeit gründete, so suchte er nicht nur durch öftere und treffliche Reden vor Gerichte, einen großen Ruhm zu erwerben, sondern er war auch einem jedweden der seiner Hülfe bedürfen möchte, mit solchem Eifer zu dienen bereit, daß man ihn sowohl bey Tage als des Nachts zu jedweder beliebigen Stunde sprechen konnte, und nie einiger Mensch seine Thüre verschlossen fand.
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