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Ernst Feise: Lektürenotizen zu Joachim Wilhelm von Brawe: Der Freigeist. Hg. von Frank Fischer und Jörg Riemer. WWW: Brawe Ressourcen 2001. Handschrift: Lecture notes of Joachim Wilhelm von Brawe, Ms. 44, Ernst Feise Collection, Milton S. Eisenhower Library, The Johns Hopkins University, Baltimore.

Vorbemerkung der Herausgeber

Die Notizen entstanden während Feises Tätigkeit als Professor am Germanistischen Institut der Johns Hopkins University in Baltimore zwischen Ende der 1930er und Anfang der 1950er Jahre.

Es handelt sich um vier Seiten mit Inhaltsangaben und Lektürenotizen, die wir hier auf einer Seite wiedergeben. Die Überschriften stammen von uns. Abkürzungen haben wir aufgelöst, inhaltlich unklare und unleserliche Passagen mit einem eingeklammerten Fragezeichen gekennzeichnet.

Die von Feise notierten Seitenzahlen zeigen, dass er für die Notizen auf Blatt 1 und 2 die Original-Ausgabe von 1758 und für Blatt 3 und 4 die Brüggemann'sche Ausgabe von 1934 benutzt hat.

Die Notizen bestehen größtenteils aus der Wiedergabe des Inhalts und sind völlig unspektakulär. Allein die Vergleiche, die Feise zu anderen Autoren und Werken zieht, sind von Interesse, aber recht dünn gesät. Feise sieht in der Darstellung des Clerdon eine »Vorahmung von Werther«, Clerdons Visionen der Gestorbenen erinnern ihn an Shakespeare, und das Schicksal des Vaters und Parallelen zwischen Clerdon und den Moor-Brüdern rufen ihm Schillers »Räuber« ins Gedächtnis. Genauere Untersuchungen finden sich auf den Blättern allerdings nicht.

Eine (englische) biografische Notiz zu Ernst Feise finden Sie auf der Website der Johns Hopkins University: <http://www.library.jhu.edu/[...]>.

Inhalt:

1. Notizen zum Freigeist (Blatt 1 und 2)
2. Inhaltsangabe aufzugsweise (Blatt 3)
3. Inhaltsangabe szenenweise (Blatt 4)


<Blatt 1:>

1. Notizen zum Freigeist

1758

Joachim Wilhelm von Brawe

Der Freygeist, ein Trauerspiel in 5 Aufzügen.

Henley und Clerdon lieben Amalia, aber Clerdon hat ihre Liebe errungen. Henley beschließt, den Nebenbuhler zu verderben. »Ich empörte seinen Ehrgeiz. (cf Lucie Woodvil) Mit dem Pöbel einerlei zu denken, stellte ich ihm als schimpflich vor. Er ward ein Freigeist«, reisst ihn von Verbrechen zu Verbrechen, Ausschweifungen und Verschwendungen, die seinen Vater ruinieren. Granville, Amaliens Bruder, sucht ihn zu retten, reist hinter ihm her, schreibt ihm und warnt ihn vor Henley. Dieser aber fälscht einen Brief, in dem Granville ihm, Henley, Schwester und Vermögen anbietet. Es gelingt ihm. Clerdons Zweifel, der außerdem durch seinen (Henleys) Diener Widston erregt ist niederzuschlagen und ihn über seines Vaters Tod, der ihn gesegnet hat statt ihn zu verfluchen, hinwegzubringen. Wütend über den vermeintlichen Verrat des Freundes Granville, ersticht er diesen, nur um von dem Sterbenden Vergebung zu erlangen und die Wahrheit zu erfahren. Ersticht am Ende sich und Henley.

Henley bewußter Bösewicht ohne Freude am Bösen. Lange Wut- und Verzweiflungsscenen. Sterbescene des Vaters erzählt und Sterbescene Granvilles. Selbst Amalia vergiebt dem Mörder des Bruders. »Hier ergreift mich Schauer und Verzweiflung. – Öffentlich erfrechte ich mich, ein Feind Gottes und der Religion zu seyn, öffentlich ihnen den Krieg anzukündigen – Und wie manchen rissen vielleicht meine unsinnigen <Blatt 2:> Reden zu gleichem Aufruhr fort! Welch entsetzliches Weh...

Wege des Lebens und des Verderbens öffnen sich hinter deinen Pforten, und die Unendlichkeit ist ihr Maaß – ich wage es dich zu wählen! ich wage es mich freywillig in die Arme eines allmächtigen Richters zu stürzen? Vernichtender Gedanke!« etc. (siehe Franz Moor)

Sterbescenen und Vergebung.
In Clerdon – Karl und Franz Moor vereinigt.
Amalia!
Freundespaar: Julius von Tarent, Braut von Messina. Carlos und Posa.
Großmütige Bediente.

Keine Frage der seelischen Kämpfe und Enwticklung, sondern rein äusserlich: Folge der Freigeisterei für die Gesellschaft!

cf Gellert »Von dem Vorzuge der heutigen Moral vor der Moral der alten Philosophen und von der Schrecklichkeit der freygeisterischen Moral.«

[...] daß diese Sünde nur ungleich[?] und durch Verdunkelung der von Gott eingepflanztem Vernunft." Geht aus Hochmut hervor, weil der Junge sich von der Menge unterscheiden will.
cf Eloesser
cf Young »The Revenge«

<Blatt 3:>

2. Inhaltsangabe aufzugsweise

I
Henley (hat Granville gesehn) über seine Verführung Clerdons zu seinem Diener Widston.
Beruhigt Clerdon.
Clerdon über seine Gewissensbisse wegen seines Vaters den er ruiniert und der ihm vergeben hat. Aber Religion abgewiesen.
(2 lange Monologe sozusagen)

II
Granville und Schwester hoffen. Granville erzählt Clerdon von Tod seines Vaters
Henley: die Welt wird über seine Sentimentalität spotten. Vernunft als Richter. Granville will ihn beherrschen.
Granville: fordert ihn auf der Freigeisterei zu entsagen. Clerdon: Vorurteile Religion ('natürliche Religion' ist Wahn. Vater verh. Gott!" erweicht[?]
ab! als Henley kommt.

III
Henley hat ihn beruhigt. Clerdon durch Widstons Brief gewarnt
Henley zeigt falschen Brief Granvilles über Beleidigungen durch Clerdon, bietet Hand der Schwester an (Henley habe sie geliebt.) Clerdon solle ausforschen, nichts verraten. Schwester sei hier.
Granville dem gegenüber Clerdon argwöhnisch sich zeigt. / Clerdon allein sicher. Schwester hier. ab
Henley beredet ihn zu Duell.
Granville und Amalia verzeihen. Clerdon verschweigt Zweifel. ab (309)

IV
Clerdon erweicht. Rache.
Henley: Neue Anträge Granvilles, Clerdon wütend ab, Henley triumphiert.
Widston ermahnt Henley, Henley heuchelt, entfernt Widston.
Clerdon voll Reue über Tod Granvilles.
Sterbescene Granvilles. Verzeihung. Testament. Keine Rache. (!)

V
Clerdon in Verzweiflung. Gestalten der Toten (Shakespeare??)
Amalia verzeiht, Selbstanklage Clerdons.
Clerdon: Religion Wahrheit (328) Truworth will sich opfern!! aber Clerdon will fliehen. Henley gesteht ihm. Tod beider.
Henley: Triumph Rache.

<Blatt 4:>

3. Inhaltsangabe szenenweise

Joachim Wilhelm von Brawe: Der Freigeist. Ein Trauerspiel in 5 Aufzügen aus dem Jahre 1757

[1. Aufzug]

1. Henley hat Granville gesehen, eröffnet dem Diener seine Befürchtung, daß seine Rache (i.e. Clerdon, den er bendeidet und der sein Nebenbuhler ist, seelisch zu verderben > Freigeist. Verschwendung, Laster, Ruin des Vaters, Entzweiung mit Geliebten. Öffentliche Angriffe auf Religion) auf dem Spiele steht. ("noch jenseits des Grabes")

2. Clerdon: Schwermut ("Vorurteile der Kindheit"), Erscheinung des Vaters etc. Henley erklärt es aus 'Gewohnheit, Vorurteil, Milzbeschwerung'.

3. Henley fährt dem Diener gegenüber fort: Er will alle drei verderben, Clerdon noch 'über die Pforten des Grabes verfolgen'. Er selber nicht Freigeist.

4. Widston entsetzt, will es Clerdon entdecken.

5. Clerdon klagt seinem Diener Truworth seine Reue wegen seines Vaters, aber von Religion will er nichts wissen. Truworth warnt ihn vor Henley.

(beide ab.)

Abstrakter Raum: Gasthaus. Personen aus gewohnter Umgebung heraus.
Die Personen gehen völlig unmotiviert ab. – Tugend und Religion noch Abstrakta. – Unpsychologische Konstruktion der Charaktere (Clerdon z.B. erwartet Fluch von seinem Vater) – Sie durchschauen nichts. – Neue Sprache des Gefühls, freier im Ausdruck. – Bösewicht wendet nicht Gewalt sondern moralische Verführung an. Er selbst nicht Freigeist. –

[2. Aufzug]

1. Granville und seine Schwester Amalia: sie liebt Clerdon noch, beide hoffen er ist noch zu retten, der Religion und Tugend wieder zuzuführen.

2. Granville wartet auf ihn.

3. Clerdon in Reue als er ihn sieht. Will Nachricht vom Fluch des Vaters, der gestorben. Aber Vater mit Segen und Wunsch daß Clerdon zur Religion und Tugend zurückkehrt.

4. Clerdon schwankt in Zweifeln.

5. Henley: Vorurteil unsrer tierischen Jahre. Vater alt. Granville sei herrschsüchtig, wolle Muster sein. Clerdon wird Spott der Welt werden. – neue Kraft. (Henley ab)

6. Granville (zurück): will Clerdon auf sein Landgut nehmen. Versucht ihn zu bekehren: Clerdon wurde Freigeist als er mit seine Ausschweifungen begann, Stolz, Eitelkeit, Zerstreuung. – Clerdon will nicht von natürlicher Religion lassen, ist nicht Gottesleugner. – Granville erzählt daß sein Vater im Kerker gestorben, verhungert. Amalia bitte ihn auch zurückzukehren.

7. Henley kommt, die Feinde stehn sich gegenüber.

8. Henley will Zerstreuung für Clerdon Clerdon: vielleicht gehe ich, mich tiefer in mein Verbrechen zu verstricken.

Clerdon in diesem Akte zw. gutem und bösem Princip. – Verhungerte[r] Vater, Amalia: Schillers Räuber. Schwankende[r] Clerdon: Vorahmung von Werther. Er [Henley] zieht keinen Vorteil außer Rache.

[3. Aufzug]

1. Henley hofft noch zu siegen. Will am Ende Clerdon und Granville töten.

2. Clerdon bestürzt: sei bedroht. Dunkle Andeutungen Widstons. Brief mit Warnung (von Widston) Henley: auch er habe Brief bekommen von Granville mit Klagen über Clerdon, an dem er sich rächen wolle. Biete ihm Hand seiner Schwester an. Clerdons Brief gehe auf Granville Clerdon solle sehn, ob ihm Granville nicht die Gegenwart der Schwester verheimlicht habe, sich verstellen.

3. Granville macht neue Versuche auf Clerdon dieser fragt ihn nach Amalia Sieht in ihrer Gegenwart den Beweis von Granvilles Falschheit.

4. Clerdon überzeugt. Will Rache.

5. Henley bestärkt ihn durch Erweckung des Andenkens Amalias. Rät Dolch – Clerdon entsetzt – verbessert sich: Duell. Clerdon: wird er dadurch Amalia gewinnen. Henley: Tat muß verheimlicht werden. Seine Abneigung gegen Duell ist Vorurteil.

6. Amalia und Granville bestürmen ihn mit Liebe und Freundschaft. Er widersteht.

7. Granville hat noch Hoffnung ihn zu bewegen.

[4. Aufzug]

1. Clerdon: spricht sich Mut zu. »ich wage den Streich«.

2. Henley: Granville habe ihm erzählt daß man Clerdons Argwohn eingeschläfert. Wolle diese Nacht mit seiner Schwester fort, Henley solle folgen. (Clerdon eilt wütend ab.)

3. Henley triumphiert, muß Widston entfernen.

4. Henley heuchelt, daß er bekehrt sei und seine Pläne aufgegeben habe, nachdem ihn Widston für Clerdon angefleht hat. Clerdon solle aber nichts von dem Ursprung des Briefes erfahren und daher solle Widston auf das Gut voraus gehen.

5. Clerdon entsetzt nach der Tat. Granville hat sich kaum verteidigt. Nennt ihn selbst im Tode Freund. Henley nennt es Einbildung.

6. Der sterbende Granville kommt sich zu rechtfertigen, bittet Clerdon um Gründe. Clerdon: Brief Granvilles an Henley, Verheimlichung Amalias. Gespräch Granvilles mit Henley. Granvilles Absicht Clerdon mit Amalia zu verbinden, mußte zuvor Clerdons Stellung zu ihr und zu Religion erforschen. Testament: Clerdon und Amalia Erben. Vergibt. Hofft daß Clerdon zur Religion zurück und so auch Henley. Soll Amalia heiraten, die seinen Tod nicht wissen soll.

[5. Aufzug]

1. Clerdon hat Erscheinungen: Granville und sein Vater. Will sich selbst töten.

2. Amalia fordert Clerdon als Granvilles besten Freund zur Rache auf. Clerdon gesteht seine Tat und erzählt von Granvilles letzter Stunde. Fordert ihre Wut, Abscheu, Verwünschungen. Amalia verzeiht. Clerdon soll leben.

3. Reue und Verzweiflung. Will sich töten. Gedanken an Gericht und ewige Verdammnis.

4. Clerdon gesteht Truworth die Tat, der sich statt seiner den Gerichten ausliefern will, was Clerdon nicht zugeben will.

5. Will sich töten, sieht Henley.

6. Henley erzählt ihm, wie er die Rache an ihm vollendet. Clerdon tötet ihn und sich. Henley: o Triumph! o Rache!

Preisausschreiben 1756 von Nicolai in Ankündigung der »Bibl. d. sch. Wiss. u. fr. K.« Cronegks »Codrus« und Brawes Freigeist eingesandt, letzteres abgedruckt von Nicolai 1758 Nachdruck Theater der Deutschen 1766. 1767 selbständige Ausgabe. 1768 in 'Trauerspiele des Herrn Joachim Wilhelm von Brawe' 1767 aufgeführt in Berlin.


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