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Dritter Aufzug.

Erster Auftritt.

Publius, Marcius.

Publius.
Du folgst mir nach? – Zurück! du weißt, was Pflicht,
Und Eid, und mein Gebot dir auferlegt.
Vollstreck' es, und entflamm des Vaters Zorn
Nicht mehr durch Bitten, die rebellisch ihn
Bestürmen.

Marcius.
Fürchte nichts! Zu sehr hast du
Dich gegen die Gewalt von meinem Flehn
Verwahret. – Doch, wenn Brutus deinen Zorn
Verdiente: was that ich, mein Vater, daß
Du mich zum schwärzesten der Frevel, die
Die Erde sah, verurtheilt hast? – Warum
Soll mein Gedächtniß einst, schwarz und entstellt,
Zur Schmach nur leben? und mein Grab der Fluch
Der Enkel noch durchdonnern? und in Gram
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Und Reue, die mit keinen Jahren stirbt,
Mein Leben freudenlos verwelken? Ist
Des Sohnes Wohl dir minder theuer, als
Dein Haß? Soll ich verrätherisch den Freund – –

Publius.
Den Freund? – Wie? Brutus? Er? dein Freund? – dies Schwerdt
Straft dich alsbald, Unwürdiger! wofern
Du wieder wagst, ihn Freund zu nennen. Sandt'
Ich dich zu diesem Heer, um wider mich
Dich zu empören? – – O Altar! wo vor
Dem Angesicht der Götter er mir schwur,
Du, dessen Heiligkeit ein Sterblicher
Nie ungestraft verhöhnt, dein furchtbar Bild
Erschüttre seinen Geist! – Wie ein Gebirg
Droh auf sein Haupt zu stürzen! – Doch umsonst! –
Zu edlen Thaten feig, zum Frevel kühn,
Ist er nicht Sohn mehr, nicht der Gottheit, nicht
Der Pflicht und Dankbarkeit mehr treu: er ist
Nur Brutus Freund. – Sieh, großer Cäsar, er,
Dein Freund, wird deines Mörders Freund! – Und doch
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Lenkt dieß den Sturm, der wider Brutus sich
Gerüstet hat, nicht von ihm ab: du wirst
Umsonst Verräther. Die, die sich mit dir
Verschworen, sind von höherm Muth, als du:
Ich prüfte sie.

Marcius. (Er wirft sich ihm zu Füßen.)
Noch ist es Zeit, noch laß
Zu deinen Füßen mich mein Wohl und deins
Von dir erflehn. Ja, deins! – denn können wohl
Des Brutus Untergang die Götter sehn,
Und ihn nicht rächen? – Wenn der Ungestüm
Von deinem Zorn dereinst gebändigt ruht,
Rufst du die schwarze That umsonst zurück.
Entlaß mich meines Eids. Vergönn, daß ich
Philippens Ebnen flieh. – In Einsamkeit
Versenkt, bewein' ich ewig dann den Tag,
An welchem ich den Göttern Frevel schwur. – –
Du weichst zurück? – Aus deinen Blicken glüht
Die Wut hervor? – Mein Vater, wo dein Herz
Die Stimme der Natur nicht ganz verkennt,
Wo deinen Wünschen je der Götter Ohr
Sich öffnen soll: so höre mich und nimm,
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Wenn deinen Haß nur Blut versöhnen kann,
Das meinige. Dieß büße Brutus Schuld.

Publius.
Du hättest es verdient! Bekriegte nicht
Den Zorn in mir die stärkre Zärtlichkeit:
So hätt' ich längst dein strafbar Blut versprützt,
Auf dem Altar, den du, Meyneidiger!
So frech entheiligt hast, zum Opfer es
Zu bringen. – Doch was ich so lange dir
Verschwiegen, höre jetzt, und zittre, wenn
Du denn noch zweifeln kanst! – Nie hätte dir
Anton den großen Anschlag, der den Rest
Der Erde seinem Wink gehorchen lehrt,
Vertraut, hätt' ich mein Leben nicht zum Pfand
Für deine Treu ihm dargeboten. – Wenn
Durch dich nicht diese Felder heut Antons
Trophäen sehn; so sehn sie meinen Tod.
Wähl nun den Meyneid und den Vatermord,
Wenn du den Untergang des Brutus dich
Zu wählen nicht erkühnst.

Marcius.
Den Vatermord? –
Unselger Tag! – Ihr Götter! – Ja, sie ist,
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Die grauenvolle Wahl – sie ist geschehn!
Barbar! – Zorn, Abscheu, Wut, nicht Ehrfurcht mehr,
Nicht einen Sohn erwart' in mir! – Dein Wunsch
Ist nun gestillt: ich werd ein Frevler! – Ganz
Durchfühle sie, die mörderische Lust:
Ich werd ein Frevler! – Nur Verbrechen sieht
Durch deines Hasses Lust mein Blick, und sich.
Umsonst such ich voll Schauer sie zu fliehn.
Ein uferloses Meer umstürmet mich,
Und schaudert mich allmächtig mit sich fort.
Es sey! – Ich will den Brutus und die Welt
Verrathen. – Freyheit, Rom und Brutus fällt
Durch mich. Die heiligsten Gesetze will
Ich frech entweihn. – Zur kühnsten Höh, die nur
Ein Frevlender erstieg, dring ich empor,
Und alle Donner, die dich, rächende
Gerechtigkeit, verkündigen, will ich
Allein verdienen. – Doch, so bald ich dir,
Unmenschlicher! gehorcht, entlastet auch
Die Erde, die mich haßt, dieß Schwerdt von mir,
Und sterbend fluch ich mir, und auch – hinweg,
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Natur! warum empört sich dein Gefühl
In mir? Du flohst den Vater, flieh nun auch
Den Sohn. Komm, Wut! begeistre mich; lehr mich,
Dem Vater ähnlich seyn! – Dir, Publius,
Dir, meinem Feind, dir fluch ich sterbend noch.

(Er geht in einer wütenden Stellung ab.)


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