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Vierter Auftritt.
Brutus, Messala.
Brutus.
Messala! nein, man will
Uns hintergehn. Mein Freund, mein Marcius,
Der sollte treulos seyn? Zu meinem Fall
Hätt' er mein Lager, und die Sache Roms
Erwählt? Er sollte das Vertraun, das ihn
Zum Haupt von einem Theil des Heers erhub,
Mißbrauchen, und zu gleicher Niedrigkeit
Auch die Tribunen, die sein Wink beherrscht,
Verleitet haben? – Nein! verborgner Neid
Schrieb den feindselgen Brief, der Marcius
Verklagt. Sein einziges Verbrechen ist
Sein Ruhm.
Messala.
Du weißest selbst, wie zärtlich ihn
Messala liebt. Ob Jugendblüthe gleich
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Sein unentfaltetes Verdienst noch deckt:
So glaubt' ich dennoch, ihn dereinst zu sehn,
Wie er zum großen Mann, zum Römer reift;
Doch, da auf diesem Tag' das Wohl der Erd'
Und Roms beruht: so laß den großen Kampf
Sich ehe nicht entzünden, als bis du
Die Treu des Marcius geprüfet hast.
Vielleicht warnt dich ein günstiges Geschick
Durch diesen Brief; und mit dem Leben, das
Er von dem Publius empfieng, floß auch
Vielleicht in ihn der Haß, der wider dich
Den Unversöhnlichen empört – –
Brutus.
Ich will
Ihn prüfen, ja, Messala; hier erwart'
Ich ihn. Sobald er naht, entferne dich;
Und sagt dir, wenn du mich zum Kampfe rufst,
Die Freude meiner Stirn, daß Marcius
Unschuldig sey: so laß in tiefer Nacht
Bey dir dieß schimpfliche Geheimniß ruhn.
Erspar dem edelmüthgen Geist die Scham,
Daß ausser mir ein Sterblicher es weiß,
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Daß jemals mit erniederndem Verdacht
Sein hoch Verdienst gekämpft.
Messala.
Wie stolz erhebt
Die Freundschaft, die für ihn dein Herz durchglüht,
Den Marcius, wie niedrig müßt er seyn – –
Brutus.
Er ist es nicht! – Es lehnt sich mein Gefühl
Ganz wider den verhaßten Argwohn auf.
Und sage selbst, spricht ihn die letztre Schlacht
Nicht schuldlos? Stritt er da verrätherisch?
War ers nicht, der, in Schrecken eingehüllt,
Die dicht gedrängten Reihn des Feinds durchbrach?
Wie tobte nicht der Grimm von seinem Schwerdt?
Wie rauschte hinter ihm die mächtge Flut
Der weitverbreiteten Verwüstung her?
Bewundernd sahn die Veteranen ihn.
Den kriegerischen Blick verdunkelten
Der Freude Thränen, daß solch einen Held
Ihr Vaterland gebar. – Messala, nein!
So kämpfen nicht Verräther.
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Messala.
Zürne nicht,
Wenn voll von der Gefahr, die dich bedroht,
Mein Geist den traurigen Verdacht so bald
Nicht überwältgen kann. – Was fürcht' ich nicht
Vom Sohn des Publius? – vielleicht wollt er
Mit List, zu deinem Fall, sich dein Vertraun
Ersiegen; und vielleicht bewilligte
Dein Feind Anton den nützenden Verlust.
Vielleicht verbirgt sich unter tapfern Muth
Ein niedriger Verräther dir. – vielleicht! – –
Vergieb mir, Marcius, wenn ungerecht
Mein Zweifel dich entehrt. – Bestürzet dich
Vom Publius – Er kömmt! –
Brutus.
Verlaß mich, Freund!
(Messala geht ab.)
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