Dritter Auftritt.
Henley und hernach Widston.
Henley. Wie kleinmütig wird er! Ich muß meine Vorsicht
verdoppeln, daß mein Sieg mir nicht aus den Händen schlüpft.
(Widston tritt auf.) Danke es deinen mir geleisteten Diensten,
daß ich deine vorige Weichherzigkeit vergessen kann; allein
mache dich meines Vertrauens nicht unwürdig.
Widston. Dies Verbrechen ist mir unmöglich.
Henley. Vernimm nunmehr, was mich vorhin so bestürzt gemacht hat –
Sobald Clerdon hier angelangt war, bewog ich ihn, sich allen
möglichen Lustbarkeiten zu überlassen. Doch alle diese
Zerstreuungen haben nicht hindern können, daß ich nicht oft die
Spuren einer tiefen Schwermut an ihm bemerkt hätte. Kurz,
Clerdon büßet bereits für seine Verbrechen. Wie angenehm würde
seine Marter meinem Hasse sein, wenn sie mir nicht wegen seiner
künftigen Veränderung Furcht erweckte. Jedoch sein Ehrgeiz, den
ich zu rechter Zeit rege zu machen weiß, die Zerstreuungen, in
denen er durch mich beständig herumirrt, und der Charakter
eines Freigeists, den er öffentlich angenommen hat, werden ihm
schon den Weg zur Besserung verschließen. Noch ein oder zwei
Verbrechen mehr, so artet seine Schwermut in Verzweiflung aus,
so wird er vollkommen unglücklich und ich glücklich und
gerächt. – Doch ich zittre, wenn ich bedenke, was für eine
furchtbare Hindernis meiner Absichten ich heute erblickt habe.
Granvillen – einst seinen besten Freund –, nun wird deine
Verwunderung über meine Bestürzung aufhören. Dieser kömmt gewiß,
ihn zu retten. Was meine Furcht vergrößert, ist, daß, wie man
mir gemeldet, seine Schwester ihn begleitet, beide diese Nacht
hier angekommen und den untern Teil dieses Hauses bezogen
haben. – Welcher Unglückselige muß ihm unsern Aufenthalt
verraten haben?
Widston. Weiß Clerdon schon –
Henley. Er weiß noch nichts. Indessen muß er es bald erfahren.
Und meine Rache – doch was fürchte ich? Diese soll mir dennoch
nicht fehlschlagen. Clerdon triumphiere noch nicht, Himmel und
Erden sollen ihn dafür nicht schützen können. Eher will ich
seinen Freund, seine Geliebte – Umsonst sind sie zu seiner
Rettung gekommen, sie mögen für sich selbst zittern – meine
Rache soll sie gemeinschaftlich ergreifen; ihr
gemeinschaftliches Verderben soll meinen Triumph erhöhen – ja,
Widston, ich werde ein Mittel finden, sie alle dreie, eines
durch das andre aufzuopfern.
Widston. Wird nicht Ihre Liebe zum mindsten Miß Granville
ausnehmen?
Henley. Was Liebe? wer mich beleidigt, und wäre er die
Vollkommenheit selbst, und hätte ich ihm mein Leben zu danken,
ich könnte ihn nicht lieben. Wünschte ich ja noch, sie zu
besitzen, so wäre es, um ihr Henker zu sein und sie
unaussprechlich elend machen zu können. Doch ein leichtrer Weg
bietet sich mir darzu an. Clerdon liebt sie noch. Clerdon ist
höchst eifersüchtig. Ehrgeiz und Eifersucht, beide tyrannisieren
über sein Herz in gleich heftigem Grade. Beide sollen sein
Verderben und die Diener meines Hasses sein – Nun kennst du den
ganzen Plan meiner Rache. Sage, ist er nicht meiner würdig?
Gemeine Geister sind zufrieden, wenn sie ihren Gegnern nur ihre
jetzigen Tage vergiften. So enge Grenzen sind für mich nicht
gemacht. Ich will meinen Beleidiger, wo es möglich ist, noch bis
über die Pforten des Grabes verfolgen und mich an der stolzen
Vorstellung ergötzen, ihm selbst jenes Glück vernichtet zu
haben, das sonst über alle sterbliche Gewalt erhaben ist.
Widston. Sie setzen mich in Verwunderung. Wie? Gedanken von
jener Zukunft können Sie beschäftigen, ohne diesen Anschlag in
Ihnen zu ersticken?
Henley. Wundre dich darüber nicht; rede ich gleich die Sprache
des Freigeists, so fällt es mir doch schwer, so zu denken – wie
sehr wünschte ich das Gegenteil! – Vielleicht würde ich selbst
ein eifriger Verehrer der Religion sein, besäße ich nicht das,
was große Geister Ehre, der gemeine Haufe Rachgier nennt. Die
Religion verbeut es, ich kann sie nicht lieben. Diese
Leidenschaft ist mir so teuer geworden, hat sich meine ganze
Seele so unterwürfig gemacht, daß ich eines Feindes Verderben
selbst mit meinem eignen erkaufen wollte. Und bin ich nicht
durch Jugend und Gesundheit gesichert? Das Alter wird vielleicht
dies gewaltige Feuer in mir bändigen, und wenn meine Feinde
schon lange eine Beute des Verderbens geworden sind, werde ich
noch Zeit haben – doch hinweg mit dergleichen Gedanken! itzt
entferne ich mich, auf Mittel zu denken, Granvillens Gegenwart
fruchtlos und vielleicht beiden verderblich zu machen – Folge
mir bald nach, vielleicht möchte ich deiner dabei bedürftig sein –
nur erinnere dich, daß, wem solche Geheimnisse anvertrauet sind,
der muß zu schweigen oder zu sterben wissen.
|