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Dritter Auftritt.

Brutus, Messala, Servilius, Marcius, die Senatoren.

Brutus.
Ihr Helden, deren Arm die Sache Roms,
Der Tugend und der Freyheit führt, glüht nicht
Von edelmüthgem Zorn dieß römsche Herz?
Wie frech erniedrigt uns ein Publius
Zu wütenden Genossen vom Octav!
Der Sclave hoft mit einer halben Welt
Uns zu bestechen! Wir? wir sollen Rom
Der Tyranney aufopfern? – Gnug bezahlt,
Wenn wir im Orient Antone sind?
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Glorreicher Lohn! dieß, große Väter, die
Ihr vom Olymp der Enkel Schmach erzürnt
Erblickt, dieß bietet man uns an? So tief
Versank der Römer Würde, daß von uns
Ein Sterblicher dieß zu erwarten wagt?
Ja, Freunde! hätte nicht das heilge Recht
Das die Gesandten schützt, den Ungestüm
Des Zorns, der wie ein Sturmwind mich ergriff,
Noch übermannt: so hätte Publius
Die Majestät der Königinn der Welt
Zum letzten mal verhöhnt – Mit edlem Stolz
Verwerft den Antrag; dieß räth Brutus; dieß
Gebeut uns unsre Pflicht; und dieß ist was
Von uns die Welt erwarten muß.

Servilius.
So ist
Dem Untergang' unwiederrufbar Rom
Geweiht? ihr Götter! So gießt euer Grimm
Selbst in die Edelsten den wilden Durst
Nach Krieg? – Verzeiht mir, Senatoren. Ihr
Wißt selbst, was mich zu euch ins Lager rief.
Verwehrten auch der Frost des Alters, der
Mein langsam Blut durchirrt, und dieses Arms
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Verblühte Kraft, der Jugend stolze Lust,
Den Kampf, ihm nicht: so hätt ich dennoch ihm
Mit Bürgerblut sich zu beflecken nie
Erlaubt. Vergnügt mit dem schuldlosen Ruhm,
Den mich Dalmatien ersiegen sah,
Haß ich entweihte Lorbeern, die der Gram
Der Mütter Roms mit Thränen netzt. – den Haß,
Der schon so lang' mein Vaterland zerreißt,
Zu stillen, bin ich hier – der Welt die Ruh
(So dacht' ich stolz) aufs neu zu schenken, sey
Mein letzt Geschäft; denn sinket ehrenvoll
Mein Alter in das Grab. – Es segnet noch,
Beglückt durch mich, die Nachwelt mein Gebein! –
Betrogne Hoffnung! selbst dieß Heiligthum
Der überall entwichnen Tugenden,
So nannt' ich es entzückt, dieß Lager wünscht
Den Krieg.

Brutus.
Servilius! du tadelst uns,
Wenn das, was Publius anbieten darf,
Mit Zorn verworfen wird?

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Servilius.
Ich tadle nur
Den zu entflammten Geist, der ungestüm
Den zarten Keim verheeret, der vielleicht
Einst zur vollkommenen Versöhnung reift.
Versuchet es, ob Eure Feinde nicht
Mehr zugestehn, ob künftge Sicherheit – –

Brutus.
Was können sie uns zugestehn, das uns
Befriedige, wenns nicht die Freyheit ist? –
Und von der Tyranney? – Wer dieses hoft,
Der hat sie nie gekannt.

Servilius.
Verheißt uns nicht
Selbst Publius der Freyheit künftges Glück?
Mit jener Macht gerüstet, welche dir
Der Orient anbeut, zwingst du sie dem,
Was sie versprechen, treu zu seyn.

Brutus.
Nicht einst,
Gleich itzt sey Rom befreyt. Der Schüchterne,
Der einen Augenblick sein Vaterland
In Fesseln leiden kann, verdient den Tod.

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Servilius.
Verschwend' also den Rest des kostbarn Bluts,
Der den Verheerungen des Bürgerkriegs
Bisher entgieng – Rom wird ein Grab, schmückt es
Der stolze Titel nur: das freye Rom!

Brutus.
Sprach dieß Servilius? Nein! dieses ist
Ein Spott Antons. Ein Held, ein Römer will
Des Vaterlands Befreyung nicht?

Servilius.
Ich will
Noch mehr, ich will sein Wohl.

Brutus.
Für Sclaven ist
Kein Wohl.

Servilius.
Und keins für die, die Bürgerblut
Bedeckt.

Brutus.
Wer für Tyrannen kämpft, der ist
Kein Bürger.

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Servilius.
Ist er nicht dennoch ein Mensch?
Sein Blut muß dir zu heilig seyn, daß es
Zu retten, du nicht selbst das äusserste
Versuchen solltest.

Brutus.
Ist nicht schon genug
Zum Nachtheil Roms versucht? O hätten wir,
Als unser Arm den Frevler Cäsar schlug,
Mit seinen Freunden uns nicht ausgesöhnt,
Und nützlich hart die Wurzel ausgetilgt,
Die künftge Tyranney verbarg, die jetzt
Ihr giftig Haupt hoch zum Olympus trägt!
Wenn jener Dolch geweiht durch Cäsars Tod
Der Rach und Freyheit, dich Anton erlegt –

Servilius.
Gesegnet sey die That, die Brutus dich
In ewgen Ruhm gekleidet. Wie viel Mord
Ward da durch dich dem Vaterland' erspart!
Wenn die Trophäen deines Muths die Zeit
Einst niederstürzt, so prangt unsterblich noch
Der Schimmer dieser That – Nein! laß uns nie,
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Was Pflicht und Tugend hieß bereuen; krönt
Es auch kein günstiger Erfolg. Wird denn
Die Tugend Tugend erst, wenn sie das Glück
Geheiligt hat?

Brutus.
Entschließt euch, Freunde! wollt
Ihr Rom zur steten Schmach der Sklaverey
Verdammen? Wollt ihr, als Verbannete,
Dem Orient der Römer Majestät
Entweihet, und die Könige der Welt,
Die niemand als die Götter über sich
Erkannt, in Fesseln zeigen? Soll Octavs
Blutdürstge Wut Rom länger noch durch Mord
Veröden? oder wollt ihr heute hier
Sieg oder Tod erkämpfen? Beides krönt
Ein Lorbeer, der nie stirbt. Erwählt ihr dieß:
So tretet her zu mir; wo nicht, so stellt
Euch zu der Seite des Servilius.

(Messala und die Senatoren alle gehen auf die Seite des Brutus, Marcius nähert sich dem Servilius.)

Wie? Marcius ist wider mich? – Auch du,
Mein Sohn! willst unsre Schmach? – du kehrst von mir
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Die Augen weg? Gram und Entsetzen redt
Aus ihnen – Marcius – Sprich, was gebiert
Den wilden Aufruhr, den dein Blick verräth?

Marcius.
Ihr Götter! warum fällt von eurem Licht
Kein Stral in seinen Geist? Warum enthüllt
Sich ihm die Zukunft nicht? – Ach wüßtest du – –
Bewundernswürdger Held! den Untergang
Hast du vielleicht gewählt. –

Brutus.
Es sey: ists nur
Das Wohl von Rom – Ich that, was ich gesollt –
Ruf den Gesandten, Marcius! Er soll
Erfahren, wie sein pralend Drohen hier
Geachtet wird.

(Marcius geht ab)

Vergieb, Servilius!
Wenn wider deinen Rath der meinige
Den Sieg davon trug. Du liebst Rom. Es wohnt
Die Weisheit, sie die Göttinn, die dem Greis
Verneute Jugend giebt, auf deinem Mund.
Nur hier reißt dein mitleidig Herz dich hin.
Nie hätte Rom mit seiner stolzen Macht
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Den Erdkreis überdeckt: hätt es sich nicht
Mit heilsam strengem Ernst, der das Gefühl
Selbst der Natur verleugnete, gerächt,
Wenn Untreu ihr rebellisch Schwerdt erhub.
Ein Brutus opfert selbst der Söhne Blut
Der Freyheit auf.

Servilius.
Die Götter wenden das,
Was ihr beschlossen habt, zum Heil der Welt.
Wie glücklich werd ich seyn, wenn ich geirrt!


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