<Seite 35:>

Vierter Auftritt.

Die vorigen, Publius, Marcius.

Brutus.
Dein Antrag, Publius, entrüstet uns
So sehr, als er uns zum Erstaunen zwingt.
Wie konntest du erwarten, ihn von uns
Gebilliget zu sehn? doch hoft nicht stets
Ein knechtscher Geist in jener Sphäre, die
Ihn selbst an niedern Staub gefesselt hält,
Den Rest der Welt zu finden – der Senat
<Seite 36:>
Entbietet deinem Herrn zur Antwort dieß:
Kein Friede wird gewährt, wenn nicht alsbald
Von seinem Joche Rom entlassen wird.

Publius.
So undurchdringlich hängt um euch die Nacht
Der strafenden Verblendung, und so sehr
Habt ihr den Zorn der Götter wider euch?
Nichts rettet von dem nahen Abgrund' euch,
Dem ihr voll Trunkenheit entgegen eilt?
Selbst die Gefilde warnen euch, die uns
Zum Kampfplatz das Verhängniß ausersah.
Erfuhrt ihr nicht in diesen Gegenden
Bereits, daß feindlich wider euch das Glück
Um unsre Fahnen schwebt? Ist schon bey euch
Der Tag verlöscht, als in Pharsalien
Hoch im Triumph auf Adlern Cäsar gieng,
Die, überwunden und von seinem Arm
Zeschmettert, die Gefilde deckten? als
Weit um ihn her das Blut der Stolzen floß,
Die schädlich kühn, wie ihr, den Krieg gewählt?
Als die Verheerung, die sein furchtbar Schwerdt
Herabgeschüttet, vom erschöpften Blick
Nicht übersehen ward?

<Seite 37:>

Brutus.
Unwürdiger!
Ja, wir gedenken noch an jenen Tag.
Und Tod und Rache dem, der über ihn
Jetzt triumphirt! Bald tilgen Ströme Bluts
Die Schmach hinweg, die euren Stolz so bläht.
Beruhigt euch, glorreiche Schatten! ihr,
Die ihr den Tod, doch nicht die Sklaverey,
Erwählen konntet! euch sieht mitleidsvoll
Die Unterwelt nicht länger ungerächt.
Nicht länger soll die Tyranney in Rom
Mit Tempeln prangen; da ein dürftig Grab
Dich, Magnus, und dich, großen Cato, deckt.
Bey jenem Blut, das für die Freyheit floß,
Schwör' ich unausgesönten Krieg, schwör' ich
Verderben, euch Tyrannen! – Publius,
Du siehst, was wir beschlossen –

Publius.
Eh ich dich
Verlasse, Brutus, muß ich etwas dir,
Und dir allein entdecken, was dein Wohl
Dir wichtig macht.

<Seite 38:>

Brutus.
Du kanst es. Uns verknüpft
Ein heilig Band großmüthigen Vertrauns.
Sieht auch kein Zeuge mich: erlaubt mein Herz,
Das mir gleich einer Welt voll Zeugen ist,
Mir dennoch nichts Unwürdiges. –

(Servilius, Messala, Marcius und die Senatoren gehen ab.)