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Dritter Auftritt.

Servilius. Brutus (verwundet und von zweyen Soldaten geführt.) Messala.

Brutus.
Dieß sey der Ort,
Der letzte, der den Brutus sterblich sieht.
Heil dir, Erretter Tod! In eine Welt,
Wo kein Anton dem Tugendhaften Schmach
Und Knechtschaft droht, führst du den freyen Geist. –
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Servilius vergieb, daß ich den Krieg
Gewählt. Das Glück straft meine Wahl; doch ich
That meine Pflicht, und Brutus ehrte nie
Als Richter dessen, was er thut [Druckfehler], das Glück. –
Wie sehr verherrlicht meinen Fall der Schmerz,
Der euch bedeckt, großmüthge Freunde. – doch
Weint nicht um mich: ich blute glorreich. Ich
War frey, und starb ein Römer, – unentweiht
Von Fesseln. – Weint um Rom. Die Thräne, die
An diesem finstern Tag für Rom nicht fließt,
Fließt strafbar hin. – Ach! sie, die Königinn
Der Völker, liegt im Staube. Jauchzend sieht
Der Hohn der Tyranney die mächtigen
Ruinen, nun nicht mehr der Erde Furcht!
Der Tod der Freyheit ist der Tugend Tod.
Kein göttlich Feuer wird inskünftge mehr
Des Patrioten Brust durchglühn. Ihm ist
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Nicht mehr die Wunde für das Vaterland
Ruhmvoller, als der Zepter einer Welt.
Nicht über den gemeinen Menschen wird
Der hohe Trieb den Römer mehr erhöhn.
Vom Fluch der Sklaverey belastet, wird
Das unfruchtbare Land Katone nicht,
Nicht edle Manlier entsprießen sehn.
Der Freyheit Sohn, der Heldenmuth, entflieht.
Der Arm, von Ketten schwer, verwelkt zum Kampf.
Auf ewig frey von unsrer Herrschaft, strömt
Der Euphrat mit hochmüth'gern Wogen hin.
Das Schrecken, das vom Kapitole gieng,
Wenn es gebietrisch winkte, wird dereinst
Den Völkern Spott, dem Enkel Fabel seyn.
Dieß heilge Reich, von Göttern selbst erbaut,
Wird bald von schnöden Weichlingen beherrscht,
Dem Schatten so viel andrer zugesellt,
Gleich ihnen, ein Phantom der vorgen Macht!
O Tugend! Freyheit! o mein Vaterland!

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Messala.
Freund! letzter Römer! – Wie zeigst du dich groß,
Eh du sie flehst [Druckfehler], die Erde? Nicht um dich,
Um Rom nur fließt die letzte Thräne dir.
Die fernste Welt hör' es erstaunt. Es hörs
Kein Edler je, kein Patriot, daß nicht
Sein weinend Auge dich verherrliche!

Brutus.
Des Tugendhaften Lob ist Harmonie
Dem Ohr des Sterbenden. – Geliebter Freund!
Entledige mich noch von einer Furcht:
Schweigt endlich der Tumult der Waffen? Ruht
Das aufgebrachte Schwerdt?

Messala.
Nein, Brutus! Noch
Verwehrt dein Krieger hoffnungslos, doch stark
Für dich, des Ueberwinders Weg zu dir.

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Brutus.
Die Unglückseligen! Ach! warum fließt
Unnützes Blut? Zu viel, zu viel befleckt
Das schreckende Gewand des Tages schon.


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