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INHALT.

Brutus, der Mörder Cäsars, hat am Tage der Schlacht bei Mutina, während der Erstürmung dieser Stadt durch den Feind seinen zweijährigen Sohn verloren und ihn für todt gehalten. Publius, ein Samniter, dessen Vater und Brüder durch Brutus' Vater wegen Hochverraths hingerichtet wurden, hat den Knaben gerettet, ihn für seinen Sohn Marcius ausgegeben und zum Rächer an Brutus auferzogen. Er liess <Seite 55:> ihn im Haine der Furien einen furchtbaren Eid schwören, Brutus und Rom zu verderben; dann hat er ihn, scheinbar als Ueberläufer, zu Brutus geschickt. Marcius weiss sich bei Brutus in hohe Gunst zu setzen, wird sein Freund und Brutus vertraut ihm schliesslich sogar einen Theil des Heeres an.

Das Stück beginnt am Morgen der Schlacht von Philippi und spielt im Lager des Brutus.

I. 1. Brutus, allein, unter dem Eindrucke eines beängstigenden Traumes, sieht der bevorstehenden Entscheidung sorgenvoll entgegen.

2. Messala kommt zu ihm, um den Befehl zum Beginn der Schlacht einzuholen, den das Heer mit Ungeduld erwarte. Brutus erzählt ihm den Traum. Cäsars Geist ist ihm erschienen und hat ihm prophezeit, aus seinem eigenen Blute stamme derjenige, der den Untergang von Rom herbeiführen werde; vergebens sucht Marcius ihn zu beruhigen; er denkt an seinen Sohn, den er bei Mutina verloren.

3. Vorige. Marcius meldet die Ankunft seines Vaters Publius als Gesandten vom feindlichen Heere; er hofft auf Frieden; ab.

4. Brutus bezeichnet Messala gegenüber diese Hoffnung als vergeblich.

5. Publius erscheint, von Marcius begleitet; er beginnt, die Anerbietungen der Feinde auseinanderzusetzen; Brutus unterbricht ihn und geht mit Messala ab, um die Senatoren zur Versammlung zu berufen. Den Publius lässt er bei Marcius zurück: 'Verweil indess bei deinem Sohn – gerechten Regungen, die die Natur gebeut, wehrt Brutus nie. Zu sehr verdrängt sie schon der Bürgerkrieg'.

6. Publius, Marcius. Letzterer zeigt sich seinem Vater als Freund des Brutus, Publius erinnert ihn an den im Haine der Furien geschworenen Eid, an seinen Vater und seine Brüder, die von Brutus Vater getödtet worden, an den noch ungerächten Mord Cäsars und raubt ihm jede Aussicht auf Frieden.

7. Publius allein, gibt seiner Freude Ausdruck: 'Geist meines Vaters! Bald bist du gerächt ... Dich schlug ein Feind, und deines Mörders Sohn erschlägt – – es bebt <Seite 56:> Entsetzen durch mich hin, wenn ich den Plan der Rache denke'. Nicht nur Brutus, auch Rom will er vernichten, 'tyrannisch stolzes Rom! Dir kündg' ich deinen Fall und den Triumph, der meine Feindschaft krönt, frohlockend an'. Er geht 'zu den Verschworenen, die er von dem Heer des Brutus Marcius gewonnen hat', um sie durch seinen Anblick zu begeistern.

II. 1. Brutus, Messala. Letzterer macht dem Brutus Vorwürfe darüber, dass er dem Gesandten nicht sogleich eine abschlägige Antwort ertheilt habe. Brutus weist jede monarchische Erhebung von sich; er befürchtet, die Senatoren, vor allem Servilius, könnten Frieden wünschen, und fleht den Schutzgeist Roms an, sie bei der Berathung zu 'erfüllen'.

2. Senatsversammlung; Publius trägt die Friedensbedingungen vor und sucht die Senatoren zu deren Annahme zu überreden. Brutus unterbricht ihn; er muss ausserhalb der Versammlung die Entscheidung erwarten.

3. Berathung. Brutus stellt den Krieg als Pflicht und Nothwendigkeit hin, Servilius spricht für den Frieden; bei der Abstimmung gehen alle Senatoren auf die Seite des Brutus, nur Marcius nähert sich dem Servilius.

4. Der Beschluss wird dem Publius mitgetheilt, der noch einmal vergebens seine Ueberredungskunst versucht, endlich verlangt er den Brutus allein zu sprechen.

5. Publius theilt dem Brutus mit, dass er dessen Sohn bei der Eroberung von Mutina errettet und aufgezogen habe. Des Brutus Freude schwindet aber bei der Nachricht, dass derselbe im feindlichen Lager sich aufhalte. 'Ihn kennt Anton; nimmst du den Frieden an, so wird er dir alsbald zurückgesandt. Und wählest du den Krieg, so büsst sein Blut des Vaters Schuld. Das aufgehobne Schwert der Rache wartet, wenn ich komme'. Brutus entschliesst sich mit schwerem inneren Kampfe zum Krieg.

6. Brutus, allein.

Mein Vaterland! – mein Sohn! – Grausamer Kampf,
Der meine Brust verheert! Schweig, niedriger
Gedank! Wenn Tugend uns gebeut, so ists
Schon klein zu kämpfen – Zeus, hör meinen Wunsch:
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Gieb uns den Sieg, errette Rom! – und dann,
Kann es geschehn, errett' auch meinen Sohn!

III. 1. Marcius dringt in Publius, er möge ihn seines Eides entbinden und fliehen lassen, oder ihn tödten; den Verrath an Brutus könne er unmöglich begehen. Publius, nachdem er alle Mittel vergeblich angewendet, gibt vor, er habe seinen eigenen Kopf für des Marcius Treue bei Anton verbürgt:

Wähl nun den Meineid und den Vatermord,
Wenn du den Untergang des Brutus dich
Zu wählen nicht erkühnst.

Marcius. Den Vatermord?
Unselger Tag! – Ihr Götter! – Ja, sie ist,
Die grauenvolle Wahl – – sie ist geschehn! ...
Ein uferloses Meer umstürmet mich,
Und schaudert mich allmächtig mit sich fort.
Es sei! – Ich will den Brutus und die Welt
Verrathen. – Freiheit, Rom und Brutus fällt
Durch mich.

Er flucht seinem Vater und 'geht in einer wüthenden Stellung ab'.

2. Publius, allein, ruft sein Vaterland und seine gefallenen Landsleute zur Freude am Gelingen seiner Rache auf.

3. Brutus, Messala, Publius. Brutus wiederholt seinen Entschluss, auf dessen Aenderung Publius, wie er sagt, gewartet hat; jetzt kehrt er in das feindliche Lager zurück.

4. Ein Brief – man erfährt nicht, von wem derselbe herrühre, – verdächtigt Marcius der Verrätherei. Brutus schenkt demselben keinen Glauben, obgleich ihn Messala zur Vorsicht mahnt.

5. Brutus, Marcius. Brutus gibt ihm den Brief. Nachdem ihn Marcius gelesen, verlangt er von dem Freunde den Tod; Brutus sucht ihn zu beruhigen, Marcius wirft sich ihm zu Füssen und besteht auf seiner Bitte; Brutus bittet ihn um Verzeihung wegen des kurzen Zweifels an seiner Treue; da will ihm Marcius alles gestehen:

Ich kenne mich nicht mehr. –
O Erde! decke mich! – Nein! hoff' es nicht,
Barbar! – ich kann ihn nicht – – welch furchtbar Bild! –
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Mein Vater blutet hier – Entsetzen, Tod
Und Grauen sind um mich! – O Pflicht! o Eid!
O Vater! –

Dem Brutus sind diese Ausdrücke unverständlich; der Name Vater aber ruft ihn ihm die Erinnerung wach, dass auch er einen Sohn im feindlichen Heere habe, mit dem er im Kampfe zusammentreffen könne, und weil dieser Sohn für ihn verloren ist, so soll Marcius dessen Stelle in seinem Herzen einnehmen. Wieder wirft sich Marcius ihm zu Füssen und will ein Geständnis ablegen, als

6. Die Senatoren erscheinen, um den Brutus in die Schlacht abzuholen; er fleht zur 'Gottheit' um Sieg und folgt ihnen.

7. Marcius allein, in Zweifel, ob er den eingeleiteten Verrath wirklich ausführen soll; da gedenkt er seines Vaters

Und droht
Mir nicht der Vatermord? – Ich muss – Es sei! – ...
... Weg, Freundschaft! weg, Natur! Euch hört
Nicht mehr, euch hasst mein Geist! – Ich geh zum Kampf. –
... Gottheiten! die die Nacht erschuf,
Ich fühl, ich fühl es, ihr begeistert mich.

Er hört das Getöse der beginnenden Schlacht und geht ab.

IV. 1. Servilius schmerzlich bewegt über den lange dauernden Kampf beklagt sieh selbst, dass er denselben erleben musste.

2. Ein Tribun ermahnt ihn zu fliehen, erzählt den Hergang der Schlacht, den Abfall des Marcius, die unerschütterliche Tapferkeit des Brutus, und kehrt wieder in das Gefecht zurück.

3. Servilius flieht nicht, aber er weicht dem Brutus aus, 'da der Ausgang meinen Rath gebilligt hat: so ist vielleicht für ihn mein Anblick Vorwurf und Beleidigung'.

4. Brutus, Messala. Brutus betrauert den Untergang der Freiheit Roms und misst sich die Schuld desselben bei, weil er dem Marcius zu viel vertraut hat; er malt sich die Zukunft Roms mit den schwärzesten Farben aus.

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5. Ein Tribun meldet, dass ein schwer verwundeter feindlicher Gefangener den Brutus zu sprechen wünsche.

6. Brutus und Messala ahnen, dass es Publius sei.

7. Publius (verwundet, von Soldaten geführt) enthüllt dem Brutus seinen ganzen Hass, seine ganze Rache, theilt ihm mit, dass Marcius sein, des Brutus, Sohn sei.

Dann lässt er seiner Freude freien Lauf und triumphirt sterbend über sein Opfer:

Empfangt mich nun,
Ihr Helden Samniums! empfangt in mir
Den Rächer eures Falls ...
... Glorreicher Tod! Roms Untergang
Ist meines Grabes Pomp. Dies Feld voll Blut
Erschlagner Römer ist mein Ehrenmal. –
Mein Geist ermattet. – Tod! da nahest dich;
Mein ganz Gefühl entflieht. – Nur wider dich,
Dich, Brutus, flammt mein Hass. – Mein starrer Mund
Ist dir zu fluchen, schon zu todt; doch lebt
Mein Auge noch, dich unglücksvoll zu sehn.

Auf Befehl des Brutus wird er abgeführt.

8. Jetzt ist Brutus vollkommen niedergedrückt: 'Zu viel, Verhängnis! dieser Schlag entwaffnet mich'; er wünscht sein Andenken von der Erde vertilgt und weint über Roms Untergang, den sein eigener Sohn veranlasst. Messala weckt sein Selbstgefühl 'Mit Ehrfurcht beugen sich verwundernde Jahrhunderte vor jenes Brutus Grab, dem Rom die Freiheit dankt'.

9. Ein Tribun meldet die Erneuerung des Gefechtes. Messala muntert den Brutus auf: 'Komm, Freund! und hilf Roms kämpfendem Geschick. Es geh' allmächtig vor dir her das Schrecken Zeus'. Brutus geht in den Kampf.

V. 1. Marcius in Verzweiflung über die begangene That.

2. Er erzählt dem Servilius den Hergang der Schlacht, wie er auf Brutus eingedrungen und wie dieser sich in sein eigenes Schwert gestürzt mit den Worten 'Elender! einen Frevel will ich dir ersparen. Rom sei nun versöhnt, dass ich je Vater ward'. Er will ihn vor seinem Tode noch sehen; Servilius sucht ihn von diesem Vorhaben abzubringen und, <Seite 60:> da es ihm nicht gelingt, bittet er ihn, wenigstens 'dem ersten Ungestüm' zu entfliehen.

3. Servilius. Brutus (verwundet und von zweien Soldaten geführt). Messala. Brutus beklagt in einer längeren Rede den Verlust der Freiheit

Der Freiheit Sohn, der Heldenmuth entflieht.
Der Arm, von Ketten schwer, verwelkt zum Kampf. [1]

und betrauert das sinkende Ansehen Roms. Messala bewundert ihn als 'letzten Römer'.

4. Marcius erscheint; Messala will ihn abweisen. Brutus ruft aus 'Mein Elend hat die fürchterlichste Höh' nunmehr erreicht: ich seh den Marcius – O Tod! verhüll den Anblick mir! ... Mein Wort soll, gleich der Hölle Strömen, bang dein Ohr durchrauschen. – Kenne dich: – du bist mein Sohn! Und diese Wunde hier, sie ist mein Tod! – Du starrst? – Du ringst mit Zweifeln? – ja du bists!' Marcius nennt sich selbst einen Vatermörder und flucht dem Tage seiner Geburt. Dann bittet er den Vater um Verzeihung. Lange schwankt Brutus; Marcius verlangt seinen Tod, 'nur zuvor lass einen Blick bedauernd dem Verworfnen strahlen! ... Sei mir, nur einen Augenblick sei Vater! – dann sei Richter stets, stets furchtbar deinem Sohn!' Jetzt ist Brutus überwunden, und umarmt ihn.

5. Anton mit seinem Gefolge. Brutus hält eine lange Lobrede auf die Gottheit, verzeiht seinem Sohne und seinem Sieger und stirbt mit dem Namen Roms auf den Lippen. Anton (zu seinem Gefolge): 'Er war mein Feind, und dennoch muss ich ihn bewundern. Ach! auf wessen Fall ist meine Gröss' erbaut?' Marcius flucht Anton, wälzt seine eigenen Verbrechen auf ihn, prophezeit ihm ein schreckliches Ende und tödtet sich; seine letzten Worte sind:

Erde, flieh! Des Todes Scen'
Und mein Gericht enthüllt sich. – Heil dir, Graun
Sitz der Verzweiflung. Heil! Qualvoll bist du
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Mein würdger Aufenthalt. – Stärkt euren Zorn,
Ihr Flammen! und vernichtet mich! – Du denkst
Noch, Seele? dir, Gedank! Empfindung, dir
Fluch ich: vergeh! – Weg sträubend Leben! nimm
Mich, Abgrund! Erde! sei von mir befreit!


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[1] Vgl. mit diesen Worten Cronegks Ermunterung zu weiser Freude (Werke 2, 205) und Anrede Brutus' bei Philippi an seine Freunde (ibid. 336).


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